Schweizer Revue 1/2023

Die Entwicklung der Schweizer Solarenergie verläuft so steil wie die Alpen Wenn sich die Fotovoltaik im jetzigen Tempo weiterentwickelt, könnten die für 2050 festgelegten Klimaziele erreicht werden. Der Preis der Paneele sinkt, ihre Leistung steigt. Und im Winter bietet sich die Windkraft als Ergänzung an. Die Solarstromproduktion in der Schweiz beträgt rund 3 Terawattstunden (TWh), also etwas mehr als die Jahresproduktion des (stillgelegten) Kernkraftwerks Mühleberg (BE). Dies entspricht ungefähr 6 Prozent des schweizerischen Stromverbrauchs, ein im europäischen Vergleich nur mittelmässiger Anteil. Nach Schätzung von Swissolar könnten die Dächer und Fassaden der Gebäude in der Schweiz in Zukunft 67 Terawattstunden pro Jahr an Solarstrom generieren. Im Jahr 2021 wurden 700 Megawatt (MW) an Strom aus Fotovoltaik produziert. 2022 dürfte ein Rekordwert von 1000 MW erzielt werden, schätzt Jean-Louis Scartezzini, Professor an der EPFL. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, könnte das vom Bund für die Solarenergie gesetzte Ziel von 34 Terawattstunden bis 2050 erreicht werden, schätzt Scartezzini. Derzeit beträgt der Gesamtstromverbrauch 58 TWh, wovon 18 TWh durch Kernenergie und 10 TWh durch die grossen Walliser Wasserkraftwerke generiert werden. Die für den Ausbau der Solarenergie bestimmenden Faktoren sind die Effizienz und der Preis der Solarpaneele. Innerhalb von zwölf Jahren ist ihr Preis um über 90 Prozent gesunken, während sich die Effizienz innerhalb von 30 Jahren verdoppelt hat. Eine Studie der EPFL hat gezeigt, dass nur schon die Nutzung von Süddachflächen über 40 Prozent des Strombedarfs decken könnte. Der Ausbau der Solarenergie wird zuerst über die Installation grossflächiger Solarkraftwerke umgesetzt. «Je grösser, umso günstiger», fasst der Walliser Ingenieur Arnaud Zufferey zusammen. Der Einstandspreis pro Kilowattstunde, die auf einem grossen Dach generiert wird, schwankt zwischen drei und fünf Rappen. Bei einer Villa ist er dreimal höher. Ein Panel und viele Meinungen Seit der zweiten Revision des Raumplanungsgesetzes 2018 muss lediglich ein Anmeldeformular für die Installation von Sonnenkollektoren ausgefüllt werden. Demgegenüber erfordert die Installation von Panels ausserhalb von Bauzonen und Gebäuden viel Zeit, denn dafür gibt es keine klaren gesetzlichen Grundlagen. Aber gerade hier hat das Parlament nun Lockerungen beschlossen. Yvan Laterza plant in seinem Solarunternehmen in Martigny rund 20 Stunden für die rechtlichen Formalitäten im Hinblick auf eine Solarinstallation ein. «Die Feuerwehr und sogar die Kaminfeger können Dokumente verlangen, und diese erst noch auf Papier – ein grosser Zeitaufwand», meint er. Der selbstständige Genfer Ingenieur François Guisan weist auf die Einschränkungen hin, die sich aus dem Schutz des Kulturerbes ergeben. Diese können Gebäude betreffen, die in den 1960er-Jahren gebaut wurden. Die Cousine der Solarenergie: die Windkraft Nebst der Solarenergie gibt es auch die Windkraft, die im Winter, wenn die Fotovoltaikproduktion zurückgeht, mehr Energie liefert. «In Österreich gibt es über 1400 Windturbinen, in der Schweiz rund 40, obwohl die Topografie dieser Länder sehr ähnlich ist», meint Jean-Louis Scartezzini. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Energie liegt das Potenzial der Windenergie in der Schweiz bei geschätzten 5 TWh pro Jahr. «Der aktuelle gesetzliche Rahmen ermöglicht aber auch die Installation von Windturbinen in Wäldern, womit dieser Wert nach oben korrigiert wurde» und jetzt bei 30 TWh liegt. (SH) In der Schweiz würde alleine auf die südlich ausgerichteten Dachflächen genug Energie einstrahlen, um 40 Prozent des Strombedarfs zu decken. Aber auch Fassaden werden vermehrt genutzt, wie hier in Winterthur. Foto Keystone Schweizer Revue / Januar 2023 / Nr.1 7

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