schloss die Leitung des Konfessionsteils, eine mögliche Rückführung von Schepenese in ihr Herkunftsland «seriös zu prüfen». Dazu solle mit den zuständigen ägyptischen Behörden zusammengearbeitet werden. Kulturschätze aus der Nazi-Zeit Debatten über die Erforschung der Herkunft von ausländischem Kunst- und Kulturgut, die sogenannte ProveSchepenese, wie sie zu Lebzeiten wohl ausgesehen hatte: Forensikern aus Italien gelang Anfang 2022 nach einer Tomografie der Mumie eine Rekonstruktion ihres Kopfes. Foto IMAGO Der Theatermacher Milo Rau führt eine Mumienattrappe durch St.Gallen. Seine Forderung: Schepeneses Reise zurück in ihre Heimat. Foto Keystone Bibliothek den Medien zur Verfügung stellt, zeigen die Mumie aus Distanz, das Gesicht im Profil. Genügen diese Erklärungen, um Schepenese in St.Gallen zu behalten? Der sogenannte «Katholische Konfessionsteil des Kantons St. Gallen», ein kirchenrechtliches Organ, dem sämtliche Bestände der Stiftsbibliothek gehören, scheint auf die Kritik von Milo Rau zu reagieren und umzudenken. Drei Wochen nach der Kunstaktion benach einem Festakt durfte jeder Geladene ein Stück des Mumienstoffes als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Ist dies die Respektlosigkeit, die Milo Rau anprangert? Die deutsche Ethnologin Wiebke Ahrndt sagte dazu unlängst, dass im 19. Jahrhundert oft ganze Partys gefeiert wurden, an denen Mumien ausgewickelt wurden – nicht nur in Europa, sondern auch in Ägypten selbst. Das lasse sich nicht mehr rückgängig machen. Ahrndt, die einen Leitfaden zum «Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen» verfasst hat, ist der Ansicht, dass Mumien ausgestellt werden können – solange dies auf würdevolle Weise geschehe und sich das Herkunftsland nicht daran störe. Ägyptische Museen stellen Mumien ebenfalls aus; ihr Export war gemäss Ahrndt sogar bis 1983 legal. Die Verantwortlichen der Stiftsbibliothek St. Gallen betonen ihrerseits, mit Schepenese werde keine Schaulust befriedigt. Die Präsentation entspreche gängigen musealen Konzepten zur Ausstellung sterblicher Überreste von Menschen. Selbst Fotos, die die Schweizer Revue / März 2023 / Nr.2
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