THEODORA PETER «Die Bevölkerung hat ein ambitioniertes Ziel gesetzt», erklärte Bundesrat Albert Rösti (SVP) nach dem Urnengang. Der Energie- und Umweltminister – erst seit Januar Mitglied der Landesregierung – vertrat das vom Parlament beschlossene Klimaschutz-Gesetz gegen den Willen seiner Partei. Die SVP sah bei einer Abkehr von Öl und Gas die sichere Energieversorgung der Schweiz in Gefahr und bekämpfte das «Stromfresser-Gesetz» per Referendum. Die Mehrheit des Stimmvolks folgte aber der Ja-Parole aller anderen Parteien: 59,1 Prozent bekannten sich zum Erreichen der Klimaneutralität bis ins Jahr 2050. Die Auslandschweizerinnen und -schweizer stellten sich gar zu 76,8 Prozent hinter dieses Ziel. Schub für erneuerbare Energien Das Klimaschutz-Gesetz schreibt vor, dass Industrie, Verkehr und Privathaushalte den Ausstoss umweltschädlicher Treibhausgase in den nächsten drei Jahrzehnten stark reduzieren müssen. Nötig sind im Gegenzug massive Investitionen in CO₂-freie Technologien. Das Parlament stellt dafür Fördergelder in der Höhe von insgesamt 3,2 Milliarden Franken zur Verfügung. Dadurch sollen etwa Hausbesitzende motiviert werden, ihre klimaschädliche Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral werden Mit fast 60 Prozent Zustimmung stellten sich die Schweizer Stimmberechtigten am 18. Juni 2023 klar hinter das Klimaschutz-Gesetz. Es verankert den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Erdöl und Gas. Doch um die C02-freien Alternativen zeichnen sich neue Konflikte ab. Öl- oder Gasheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. Auf den Strassen werden zunehmend Elektrofahrzeuge die heutigen Benzin- und Dieselkarrossen ablösen. Industrie und Gewerbe müssen auf eine klimaschonende Produktion umstellen. Für Umwelt- und Energieminister Rösti ist das sogenannte Netto-null-Ziel jedoch nur dann zu erreichen, wenn die Schweiz mehr einheimischen Strom produziert. «Wir können uns nicht einfach auf Importe verlassen.» Rösti hofft darauf, dass das Parlament das neue Gesetz über eine sichere Stromversorgung noch im September verabschiedet. Mit der Vorlage sollen Wasserkraft, Sonnen- und Windenergie mehr Schub erhalten. In der politischen Debatte ist jedoch umstritten, wie weit neue Staumauern, Windräder oder Solarkraftwerke Natur und Landschaft beeinträchtigen dürfen. Je nach Ausgang der Parlamentsberatung könnte es auch bei diesem Gesetz zu einem Referendum kommen – und in der Folge zu einer weiteren Volksabstimmung. Forderung nach neuen AKW Bürgerliche Parteien und Wirtschaftsverbände zweifeln, ob die erneuerbaren Energien den Strombedarf der Schweiz künftig decken werden. Noch am AbstimmungsDas neue Klimaschutzgesetz verleiht auch neuen, grossen Solar- und Windprojekten mächtig Schub. Kontrovers debattiert wird deren Einfluss auf Natur und Landschaft. Im Bild: Europas höchstgelegener Windpark, am Griessee (VS) unweit des Nufenenpasses. Foto Keystone Schweizer Revue / August 2023 / Nr.4 10 Politik
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