Im Ausland daheim, aber auf dem Sprung ins Bundeshaus MARC LETTAU Die Hürde ist enorm hoch. Gleichwohl streben wiederum Kandidierende aus der Fünften Schweiz nach einem Sitz im Nationalrat. Eine der Herausforderungen ist dabei, dass die Fünfte Schweiz keinen eigenen Wahlkreis bildet: Wer im Ausland lebt, wählt im Kanton, in dem er zuletzt lebte. Und wer selber kandidieren will, muss dies ebenfalls in «seinem» Kanton tun. Politisch Ambitionierte, die sich zur Wahl stellen wollen, sind also auf eine Kantonalpartei angewiesen, die ihnen Platz auf einer Wahlliste gewährt. Der ehemalige Botschafter der Schweiz in Berlin, Tim Guldimann, blieb bis heute der einzige Auslandschweizer, der den Sprung ins Bundeshaus schaffte. Er wurde 2015 auf der Liste der SP Zürich gewählt. Knifflige Suche nach der Strategie Für die Parteien ist es zuweilen knifflig, den richtigen Weg zu wählen: Mal bauen sie auf sehr viele Auslandkandidaturen, wie dies zum Beispiel SP und SVP vor vier Jahren taten. Mal fokussieren sie sich auf ganz wenige Namen. So warb etwa die SP 2019 mit gleich 30 Kandidatinnen und Kandidaten aus der Fünften Schweiz um die Wählergunst; heuer setzt sie mit Pascal Cuttat (Nairobi, Kenia) einen einzigen Namen ins Zentrum. Bis Redaktionsschluss wurden der «Schweizer Revue» folgende Kandidaturen für den Nationalrat gemeldet: SVP GENF: Grégory Leutert, Ungarn; Marc Van Oost, Luxemburg. LUZERN: Inge Schütz, Präsidentin SVP International, Belpberg/Stockholm; Nicolas Szita, London. SCHAFFHAUSEN: John McGough, Ungarn; Björn Stahel, Norwegen. SP BERN: Pascal Cuttat, Kenia, Internationaler Krisenmanager, Liste SP-Liste Männer Bern. FDP Für die FDP kandidieren keine Auslandschweizerinnen und -schweizer. Die Partei führt aber eine Liste mit Kandidierenden, welche sich für Anliegen der Fünften Schweiz einsetzen wollen. Diese Liste wird demnächst auf der Website der FDP International – unter «Wahlen» – aufgeschalten: fdp-international.com/wahlen Mitte Die Mitte nannte bei Redaktionsschluss noch keine Namen, will aber in mehreren Kantonen (SG, TG, TI) mit Listen mit Kandidierenden aus der Fünften Schweiz antreten. Grüne Die Partei ist im Begriff, in verschiedenen Kantonen Auslandschweizer:innen-Listen zu prüfen, konnte aber bei Redaktionsschluss noch keine Namen nennen. Grünliberale BASEL-STADT: Wanja Kaufmann, Schweden; Thomas Willhelmi, Deutschland; Andrea Frey, Italien; Thomas Häni, Deutschland. GENF: Franz Muheim, Grossbritannien; Antoine Belaieff, Kanada; Bastien Debiève, Spanien, sowie Dominique Caillat, Deutschland. WALLIS: Valérie Biermann, Schweiz/Kanada. Kandidatinnen und Kandidaten in den Gremien der ASO In den leitenden Gremien der Auslandschweizer-Organisation (ASO), des Auslandschweizerrats (ASR) und in der Parlamentarischen Gruppe Fünfte Schweiz stellen sich ebenfalls etliche für den National- oder Ständerat zur Wahl. ASO-Präsident Filippo Lombardi erachtet diese Kandidaturen als wichtig: «Sie alle setzen sich auf vielfache Weise für die Interessen der Fünften Schweiz ein und tragen deren Anliegen ins Parlament und sorgen in ihren Parteien dafür, dass die Perspektive der im Ausland Lebenden in die politische Arbeit einfliesst.» ASO-Vorstand Carlo Sommaruga, Ständerat (GE, SP, bisher); Laurent Wehrli, Nationalrat (FDP, VD, bisher); Franz Muheim, Grossbritannien, Nationalratskandidat (GLP, GE). Parlamentarische Gruppe Leitende Mitglieder: Martina Bircher, Nationalrätin (SVP, AG, bisher); Elisabeth SchneiderSchneiter, Nationalrätin (Mitte, BL, bisher); Roland Fischer, Nationalrat (GLP, LU, bisher); Nicolas Walder, Nationalrat (Grüne, GE, bisher). Empfehlungen aus der Diaspora: Das Beispiel Israel Eigene Wahlempfehlungen abgeben: Das können auch regionale Auslandschweizer-Dachorganisationen. So hat zum Beispiel die Swiss Community Israel (SCI) anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung eine Liste verabschiedet, welche die nachfolgenden Kandidatinnen und Kandidaten umfasst: Nationalrat Sarah Wyss, ASR-Mitglied (SP, BS, bisher); Eric Nussbaumer (SP, BL, bisher); Andri Silberschmidt (FDP, ZH, bisher); Claudia Friedl (SP, SG, bisher); Marianne Binder-Keller (Mitte, AG, bisher); Sonja Rueff Frenkel (FDP, ZH); Fabian Molina (SP, ZH, bisher) sowie Laura Riget (SP, TI). Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE, bisher); Daniel Jositsch (SP, ZH, bisher). Die SCI begründet ihre Wahlempfehlungen damit, dass sich die genannten Kandidatinnen und Kandidaten «konkret für die Interessen der Auslandschweizerinnen und -schweizer gekümmert haben». Selbst organisierter Kurierdienst Werden die abgegebenen Stimmen überhaupt rechtzeitig in der Schweiz eintreffen? Diese vor allem ausserhalb der EU oft gestellte Frage bewegt auch die Schweizer Wählerinnen und Wähler in Israel. Sie greifen zur Selbsthilfe. Wegen «der Wichtigkeit der Wahlen» werde der SCI gemäss deren Vertreter Erich Bloch einen eigenen Kurierdienst organisieren: Ein Auslandschweizer wird die – notabene verschlossenen – Wahlcouverts nach Zürich zur Hauptpost bringen. Bloch: «Die Unzuverlässigkeit der Post Israels lässt keinen anderen Weg zu.» In unserer Online-Ausgabe wird die Liste der Kandidierenden laufend aktualisiert: revue.link/kandidaten 24 Schweizer Revue / August 2023 / Nr.4 Politik
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