Schweizer Revue 4/2023

Vor fast 50 Jahren sorgte die Schweizer Grossbank SKA mit einem spektakulären Coup dafür, dass die Nation nicht fror. Die Bank, aus der später die Credit Suisse hervorging, verloste 800 000 Mützen. Sie waren eher auffällig als schön. Ein blau-rot-weisses Strickerzeugnis aus Acryl, etwas zu eng geschnitten; ein Werbeartikel mit Kultcharakter. Alle wollten eine kriegen und tragen – und gaben so der Bank ein Gesicht. Für das Gratisteil von damals müssen Sie heute bei Online-Auktionen bis zu 200 Franken hinblättern. Und im März erreichte die Mütze den 280-fachen Wert einer Credit-Suisse-Aktie. Inzwischen ist der Niedergang der Bank endgültig – und die Mütze definitiv eine Reliquie: Die Schweizer Regierung dirigierte die Grossbank UBS in grosser Hektik dazu, die marode Konkurrentin Credit Suisse zu übernehmen. Staat und Nationalbank sicherten den Deal mit Garantien in Milliardenhöhe ab. Passé ist damit der Niedergang der Credit Suisse noch längst nicht. Die Nachbeben halten an. Zudem lernte die Schweiz über die Jahre: Nach der Bankenkrise ist vor der Bankenkrise. Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann sagt es im Interview mit der «Schweizer Revue» ganz nüchtern: Auch die UBS, die nunmehr einzige Schweizer Grossbank, wird wahrscheinlich früher oder später Hilfe vom Staat benötigen – also Hilfe von der Allgemeinheit (Seite 4). Für einen grossen Teil dieser «Allgemeinheit» ist «die Bank» übrigens schon längst nicht mehr die Sparkasse um die Ecke, die Kindern das erste Sparschwein schenkt, einem beim Geschäften und beim Träumen zur Seite steht und im Alter finanzielle Sicherheit garantiert. Was gegenüber internationalisierten Grossbanken dominiert, ist das Gefühl von Entfremdung und Distanz, ein Unverständnis für die Exzesse, wie sie sich auch die Credit-Suisse-Spitze leistete: Sich selbst Boni in Millionenhöhe gönnen, selbst in Jahren des Verlustes. Viel Mitgefühl erfuhr die Credit Suisse auf ihrer Talfahrt ins Verderben deshalb nicht. Am 22. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Vielleicht wird es eine strengere Bankenregulierung einfordern? Auf jeden Fall sind diese Wahlen in vielen Themenfeldern richtungsweisend. Für die rund 220 000 Schweizerinnen und Schweizer in der Fünften Schweiz, die bereits im Wahlregister eingetragen sind, haben wir die sechs grössten Parteien unter die Lupe genommen und befragt. Eine Auswahl ihrer Antworten finden Sie in diesem Heft – und in vollem Umfang auf www.revue.ch. MARC LETTAU, CHEFREDAKTOR 6 Schwerpunkt Das krachende Ende der Credit Suisse: Der Wirtschaftshistoriker ordnet ein 8 Nachrichten Bundesrat Alain Berset nimmt den Hut: Er verzichtet auf eine neue Amtszeit Hauptprobe bestanden: Die neusten E-Voting-Tests verliefen problemlos 10 Politik Das Volk sagt Ja zum schrittweisen Abschied von fossilen Energieträgern 20 Kultur Wie wird ein Museum seine Objekte los? Langnau liefert eine besondere Antwort 14 Reportage Cardada-Cimetta, der sonnigste Ort der Schweiz, hat auch seine Schattenseite 17 Wahlen 2023 Die Umfrage der «Schweizer Revue» bei den sechs grössten Parteien der Schweiz 20 Schweizer Zahlen 26 Politik Phänomen Pierre Maudet: Skandalen zum Trotz wird er in Genf wiedergewählt 30 Literatur Erinnerungen an Anne-Lise Grobéty 31 Aus dem Bundeshaus Die Zahl der Auslandschweizer:innen kletterte auf über 800 000 hoch 34 SwissCommunity-News Cyberkriminalität: Hacker stehlen Adressmaterial der «Schweizer Revue» 38 Diskurs Warm anziehen Cover: Die legendäre SKA-Skimütze aus den 1970er-Jahren. Foto Silas Zindel Herausgeberin der «Schweizer Revue», des Informationsmagazins für die Fünfte Schweiz, ist die Auslandschweizer-Organisation. Schweizer Revue / August 2023 / Nr.4 3 Editorial Inhalt

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