Schweizer Revue 5/2023

Mehr Demokratie fürs «Parlament der Fünften Schweiz» Die Wahl in den Auslandschweizerrat, ins «Parlament der Fünften Schweiz», soll künftig nach zeitgemässen, demokratischen Vorstellungen erfolgen. Eine Arbeitsgruppe arbeitet daran, dies bis 2025 möglich zu machen. Ihr leitender Ausschuss hat im August 2023 in St. Gallen das weitere Vorgehen beraten. Laut Noel Frei vom leitenden Ausschuss der Arbeitsgruppe «Demokratische ASR-Wahlen», lasse man sich bei den Arbeiten «vom Stolz auf unser Land und sein demokratisches System» leiten. Ein System, das auf demokratischen Wahlen beruhe und es den Menschen immer wieder erlaube, mit Referenden direkt korrigierend einzugreifen. Das «Parlament der Fünften Schweiz», der Auslandschweizerrat (ASR), entspreche solchen Grundsätzen nur bedingt, sagt Frei: Die Wahl in den ASR erfolge längst nicht in allen Ländern transparent und nach demokratischen Prinzipien. Der ASR repräsentiere zudem keineswegs alle, sondern eine zu kleine Teilmenge aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Neu ist allerdings, dass mit der eingesetzten Arbeitsgruppe nun ein ambitiöses Ziel verfolgt wird: Für die ASR-Wahlen von 2025 sollen allen Ländern und Wahlregionen die technischen Mittel für eine Direktwahl und die erforderlichen Anleitungen dazu bereitgestellt werden. Konkret geht es dabei auch um die Evaluation eines angemessenen E-Voting-Tools. Verfolgt wird im Kern das Ziel, möglichst allen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern eines Landes eine Teilnahme an den ASR-Wahlen zu ermöglichen. Die Aussicht auf derart wesentliche Verbesserung motiviere die Arbeitsgruppe sehr, sagt Frei. Das Vorhaben steht jetzt in der Phase der Konkretisierung. Die Informationsmaterialien werden erarbeitet und die Bekanntmachung des Projekts wird vorangetrieben. In einer nächsten Phase – ab Anfang 2024 – wird es bereits um die technische Umsetzung, die Erprobung des neuen Tools und die konkrete Vorbereitung der ASR-Wahlen 2025 gehen. Laut Frei erhöhe das Geplante die Bedeutung und die Legitimation des Auslandschweizerrats. Er erinnert daran, dass dies nicht der erste Anlauf sei, das Wahlverfahren zu verbessern. Nun aber sei der Rückhalt für den Wandel grösser als je zuvor: «Auch im ASR haben nun praktisch alle die Zeichen der Zeit erkannt.» Die Zeichen der Zeit – und die Erwartungen der Behörde: Das EDA unterstützt explizit die Bemühungen, die demokratische Legitimierung des ASR zu verbessern. Diese behördliche Unterstützung ist laut der Arbeitsgruppe sehr willkommen. Denn: «Nur mit einem verbesserten Wahlsystem lässt sich sicherstellen, dass der ASR in Zukunft die noch besser legitimierte Stimme der Fünften Schweiz sein wird», sagt Frei. (MUL) Kontakt zur AG «Demokratische ASR-Wahlen»: workgroup.osa@outlook.com Exporterfolg Kultur Zweierlei stand am 99. Auslandschweizer-Kongress in St. Gallen im Mittelpunkt: Die Eidgenössischen Wahlen, vor allem aber die Rolle der Kultur – über die Landesgrenzen hinweg. Ist die Schweizer Kultur ein Exportprodukt? Diese Frage prägte den Auslandschweizer-Kongress vom 19. August 2023 in St. Gallen. In den Räumlichkeiten der Universität wurde nicht nur Einblick ins reiche kulturelle Erbe der Fünften Schweiz gewährt. Herausgearbeitet wurde auch die Bedeutung der Fünften Schweiz zum weltweiten kulturellen Austausch. Nicht umgangen wurde dabei die sehr knifflige Kernfrage, was genau denn Schweizer Kultur überhaupt sei. So forderte Alexander Edelmann, interimistischer Direktor Präsenz Schweiz, die Anwesenden mit einer Feststellung heraus: Auf die Frage, «was verbinden Sie mit der Schweiz?», folge als Antwort praktisch nie das Stichwort Kultur. Die Rangliste der Nennungen: Berge (23 %), Schokolade (18 %) und schöne Landschaften (17 %). Edelmann rief den provokativen, künstlerischen Beitrag von Ben Vautier an der Weltausstellung im spanischen Sevilla (1992) in Erinnerung: Vautier präsentierte dort ein Bild mit den provokativen Lettern «Suiza no existe» – die Schweiz existiert nicht. Edelmann liest dies noch heute als Einladung zum Nachdenken über die eigene Identität, über kulturelle Identität in einem Land der Vielfalt. Das zweite und weit weniger häufig diskutierte Bild Vautiers mache dies deutlich: «Je pense donc je suisse.» Zuvor steuerte Nationalratspräsident Martin Candinas als prominenter Gast am Kongress seine Sicht bei. Er, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit Rätoromanisch spricht, sieht in der Mehrsprachigkeit der Schweiz einen herausragenden kulturellen Wert: «Ich habe noch nie jemanden gehört, der sagt: ‹Würde ich doch eine Sprache weniger sprechen›.» Sein politisches Amt habe ihn dieses Jahr oft ins Ausland geführt. Die Begegnung mit Schweizerinnen und Schweizern vor Ort habe ihn dabei beeindruckt und gezeigt: «Schweizer Kultur ist primär ein Exporterfolg, nicht bloss ein Exportprodukt.» Die kulturelle Neuigkeit des Kongresses: Die Stiftung Auslandschweizerplatz Brunnen legt ihr Projekt «Artist in Residence» neu auf. Schweizer Künstlerinnen und Künstler aus dem Ausland können sich für einen Aufenthalt in Brunnen (SZ) bewerben. Der Beginn der ersten Residenz fällt mit dem Auslandschweizer-Kongress 2024 zusammen. Dieser wird am 13. Juli 2024 stattfinden. Kultur mit Bezug zur Fünften Schweiz gibt es nächstes Jahr auch in Briefmarkenform. In Jugendlagern der Auslandschweizer-Organisation befassten sich Jugendliche mit der Schweiz und ihrer Kultur. Ihre zeichnerischen Inputs werden als Grundlage für die 2024 erscheinende Pro-Patria-Briefmarke sein.­ Der erste Teil des Kongresses galt ganz den Eidgenössischen Wahlen, die am 22. Oktober 2023, praktisch zeitgleich mit dem Versand dieser «Schweizer Revue», stattfinden werden. MARC LETTAU SwissCommunity 30 Schweizer Revue / Oktober 2023 / Nr.5

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