THEODORA PETER Für die Schweizer Grünen und Grünliberalen bleibt der 22. Oktober 2023 als schwarzer Sonntag in Erinnerung. Vier Jahre nach ihrem erdrutschartigen Wahlsieg müssen die Klimaparteien im Nationalrat Federn lassen. Die Parteistärke der Grünen fällt von rekordhohen 13,5 auf 9,8 Prozent zurück – und damit knapp unter die symbolische 10-Prozent-Marke. Für die Partei ist es ein schwacher Trost, dass sie immerhin zwei Drittel der 2019 eroberten Nationalratssitze verteidigen kann. Ihr haftet nun trotzdem das Verliererimage an. Das gilt auch für die Grünliberalen (GLP): Auch sie verlieren einen Drittel der bisherigen Sitze und kommen neu auf einen Wähleranteil von 7,6 Prozent. Umso stärker strahlt die Sonne an diesem Herbstsonntag für die SVP. Die rechte Volkspartei baut ihren Wähleranteil von 25,6 auf 27,9 Prozent aus. 2019 war die SVP noch die grosse Verliererin der Klimawahl gewesen. Vier Jahre später holt sie im Nationalrat auf einen Schlag drei Viertel der damals eingebüssten Sitze zurück. Damit knüpft die Rechtspartei an ihren bisher grössten Wahlerfolg von 2015 an, als sie fast 30 Prozent der Wählerstimmen hinter sich scharen konnte. Angesichts der unsicheren Weltlage und zunehmender Flüchtlingszahlen konnte die SVP mit ihrem Kernthema punkten – dem Kampf gegen die Zuwanderung. Noch während des Wahlkampfs lancierte sie die sogenannte «Nachhaltigkeits-Initiative» Die Schweiz rückt nach rechts mit der sie die Zahl der Wohnbevölkerung in der Schweiz auf 10 Millionen begrenzen will. Zweitstärkste Partei bleibt die SP mit 18,3 Wählerprozenten. Mit einem Zuwachs von 1,5 Prozent konnten die Sozialdemokraten bei früheren Wahlen erlittene Verluste weitgehend wieder gutmachen – nicht aber den Einbruch der Grünen kompensieren. Insgesamt geht das linksgrüne Lager deshalb geschwächt aus den Wahlen 2023 hervor. Die Linke wird künftig noch stärker auf Volksinitiativen und Referenden setzen müssen, um ihren Anliegen an der Urne zum Durchbruch zu verhelfen. Innerhalb des Parlamentes sind SP und Grüne wie bisher auf Allianzen angewiesen – insbesondere mit der Mitte. Mitte als Mehrheitsbeschafferin Die 2021 aus einer Fusion von CVP und BDP hervorgegangene Mitte-Partei hat sich im Wahlkampf geschickt als bürgerlich-soziale Kraft zwischen den politischen Polen positioniert. Sie wird auch in Zukunft im Parlament das Zünglein an der Waage spielen. Unter dem neuen Label legte die Partei leicht zu und erreicht neu einen Wähleranteil von 14,1 Prozent. Damit holt die Mitte fast zur FDP auf, die nur noch 14,3 Prozent der Wählenden hinter sich scharen konnte. Mit einem Minus von 0,8 Prozent befinden sich die Freisinnigen – wie bereits vor vier Jahren – im KrebsDie grüne Welle ist verebbt. Die rechtskonservative SVP gewinnt die nationalen Wahlen mit dem Fokus auf die Migration. Sorgen machen der Bevölkerung aber auch die hohen Gesundheitskosten. Das stärkt SP und Mitte. Schweizer Revue / Dezember 2023 / Nr.6 4 Schwerpunkt
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