Schweizer Revue 2/2024

DÖLF BARBEN Man darf es fast nicht laut sagen: Aber aus rein subjektiver Sicht scheint die Schweiz in den letzten Jahrzehnten leiser geworden zu sein. Und es sieht so aus, als werde sie bald noch leiser: Im vergangenen November wurde eine «Feuerwerksinitiative» eingereicht. Sie fordert ein schweizweites Verbot für das private Abfeuern von lauten Raketen und Knallkörpern. Hinter dem Begehren stehen zahlreiche Natur- und Tierschutzorganisationen; unter ihnen Pro Natura und der Zoo Zürich. Die Initiative könnte durchschlagen. Eine Umfrage ergab Ende 2023 eine Zustimmungsrate von 76 Prozent. Im Pro-Lager steht das Tierwohl an erster Stelle. Die Gegnerschaft äussert sich eher kleinlaut. Gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» klagte der Geschäftsführer eines Feuerwerksgeschäfts, es etabliere sich eine «Kultur der Verbote». Nun ja, ein Feuerwerksverbot für Privatknaller würde die Schweiz vor allem am Bundesfeiertag und an Silvester leiRuhe bitte! Im Streit um den Lärm wird es oft sehr laut Bald kein knalliges Feuerwerk mehr, immer weniger Kirchengeläut, immer mehr Flüsterreifen und lärmdämpfende Strassen: Wird die Schweiz immer leiser? Fest steht: So richtig Krach macht unvermindert der Streit um den Lärm. Bald ist des Volkes Stimme gefragt: Eine Initiative, die den Lärm von Feuerwerk eindämmen will, ist zustande gekommen. Foto Keystone ser machen. In einzelnen Gemeinden wie St. Moritz oder in der Berner Innenstadt gibt es solche Verbote bereits. Aber beim Lärm geht es ja um viel mehr als um das, was knallt und zischt. Um Verkehrslärm vor allem. Und sehr oft um Kuh- und Kirchenglocken. Mehr Menschen von Lärm betroffen Zunächst aber dies: Betrachtet man das Lärmproblem von einem objektiven Standpunkt aus, ist die Schweiz nicht wirklich leiser geworden. Im jüngsten Umweltbericht des Bundesrates steht sogar, es seien heute deutlich mehr Personen von schädlichem und lästigem Lärm betroffen als vor über 30 Jahren, als die Lärmschutzverordnung in Kraft trat. Trotz technischer Verbesserungen bei Autos, Zügen und Flugzeugen sei die Lärmbelastung insgesamt nicht zurückgegangen, steht im Bericht. Gründe seien das Verkehrswachstum und insbesondere das höhere Gewicht und die breiteren Reifen der Autos. Aber auch die Bevölkerungszunahme und die Siedlungsentwicklung. Menschen in Städten und Agglomerationen sind besonders stark betroffen von Lärm. Der Bericht enthält aber auch solche Aussagen: Technische Innovationen und all das Geld, das in den Lärmschutz gesteckt wurde, hätten durchaus eine Wirkung entfaltet. «Lokal konnten deutliche Entlastungen für die Bevölkerung erreicht werden.» Surren statt scheppern Also doch. Wenn man nicht gerade an einer stark befahrenen Strasse lebt oder im Haslital, wo die superlauten F/A-19-Düsenjäger auf dem Militärflugplatz Meiringen losdonnern, könnte es also doch stimmen mit der leiseren Schweiz und den Erinnerungen an wirklich lauten Krach. Denn wie war das schon mit den alten Güterzügen und ihrem gnadenlosen Kreischen und Scheppern, das kilometerweit zu hören war? Heute sind Klapperzüge verboten und moderne Intercity-Kombinationen scheinen bloss noch zu surren, wenn sie mit Tempo 200 über Land sausen. 12 Natur und Umwelt

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