Schweizer Revue 3/2024

Severino Minelli Milaim Rama Xherdan Shaqiri BENJAMIN STEFFEN* Ein ganz normales Schweizer Fussball-Länderspiel: Prall gefüllte Restaurants, in denen Schweizerdeutsch geredet wird oder Französisch oder Italienisch; Autos mit Schweizer Nummern; Fans mit Schweizer Fahnen oder roten Trikots des Schweizer Männer-Fussballnationalteams. Ein ganz normales Schweizer FussballLänderspiel, ausgetragen in Pristina, der Hauptstadt von Kosovo, im September 2023. Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri, die prägenden Schweizer Fussballer des letzten Jahrzehnts, haben kosovarischen Migrationshintergrund, «Xhaka, you’re in the heart of Kosovo», stand auf einem Plakat, das ein Kind in die Höhe hielt. Xhaka selber sagte, in Pristina fühle er sich zu Hause. Von hier seien seine Eltern einst ausgewandert, «um mir und meinem Bruder ein besseres Leben zu ermöglichen». Xhakas Bruder heisst Taulant, er spielte für das albanische Nationalteam, an der Europameisterschaft 2016 trafen sie aufeinander, in einem ganz normalen Schweizer FussballLänderspiel. Oder es gibt Breel Embolo, ebenso aus Basel wie die Brüder Xhaka, geboren in Kamerun. An der Weltmeisterschaft 2022 spielte er gegen sein Geburtsland. Er schoss sogar das Siegtor. «Breel ist für mich wie ein kleiner Bruder», sagte der gegnerische Trainer nach einem ganz normalen Schweizer Fussball-Länderspiel. Der Fussball lässt Länder und Leute verschmelzen – der Fussball als Integrationsmotor, ein weitverbreitetes Phänomen, das in der Schweiz schon früher grösser war als anderswo. Es begann mit einem Spieler wie Severino Minelli, geboren 1909; sein Vater Das grosse Spiel im kleinen Land Im Juni nimmt das Schweizer Fussballnationalteam einmal mehr an einer Endrunde teil. Damit schreibt es die Erfolgsgeschichte der Integration weiter. Was dabei überschattet wird: die verpasste Frauenförderung. war um die Jahrhundertwende mit der ersten italienischen Einwanderungswelle in die Schweiz gekommen. 1930 debütierte Minelli im Nationalteam, er absolvierte 80 Länderspiele und war einst der Schweizer RekordNationalspieler. Diesen Status hat heute Xhaka, im Herzen der Schweiz, im Herzen von Kosovo. Der erste Schweizer Nationalspieler mit kosovarischem Hintergrund, Milaim Rama, debütierte 2003, früher als in anderen Ländern. Der erste Schweizer Nationalspieler mit türkischem Hintergrund, Kubilay Türkyilmaz, debütierte 1988, über zehn Jahre früher als Mustafa Dogan in Deutschland. Auf Türkyilmaz folgten die Brüder Yakin, Hakan und Murat, der heutige Nationaltrainer. Nach Murats Geburt in Basel 1974 dauerte es fast 20 Jahre, bis er das Schweizer Bürgerrecht erhielt. Lange war erzählt und geschrieben worden, sogar Bundesrat Adolf Ogi solle Yakins Einbürgerung als Angelegenheit von «erheblichem nationalem Interesse» bezeichnet haben. Diese Geschichte vom Engagement des sportbegeisterten RegierungsmitGranit Xhaka Murat Yakin Breel Embolo Schweizer Revue / Mai 2024 / Nr.3 Sport 14

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