Schweizer Revue 4/2024

Anbietern und Abnehmern befinden». Zwar fliesse das Subventionsgeld an die Bauern. Doch sie kaufen damit etwa Saatgut, Dünger, Futtermittel und Maschinen – unter anderem beim grossen Agrarkonzern Fenaco. So gesehen profitiert auch dieser als Anbieter vom landwirtschaftlichen Subventionssystem. Auf der anderen Seite erzielen die Bauern mit ihren Produkten bei Zwischenhändlern oder den Grossverteilern wie Migros und Coop zu tiefe Preise – und sehen sich gezwungen, dies mit der staatlichen Unterstützung, die sie eigentlich für die Abgeltung ökologischer Auflagen erhalten, zu kompensieren. Die problematische Rolle von Agrokonzernen und Detailhändlern nehmen auch kritische Bauernpolitiker auf. Einer von ihnen ist Kilian Baumann, Nationalrat der Grünen Partei und Präsident der Kleinbauernvereinigung, die oft andere Positionen vertritt als der Bauernverband. Auch Baumann kritisiert den wachsenden administrativen Aufwand und die tiefen Produzentenpreise – allerdings auch die «seit Jahrzehnten verfehlte Agrarpolitik», die der Bauernverband mitverantwortet. mularen verbringen anstatt im Stall oder auf dem Feld. Selbst der Bauernverband, der politisch die milliardenschwere Unterstützung für den Agrarsektor mitkonstruiert, gibt zu, dass daraus ein kaum mehr durchschaubares Bürokratiemonster entstanden ist, das dringend einer «Entschlackung und Vereinfachung» bedarf. Die Gesetze und Verordnungen, in denen die Finanzflüsse geregelt sind, umfassen mehrere Tausend Seiten, der Bewilligungs- und Kontrollaufwand ist gigantisch. Bauern in der Zange Trotz diesem offensichtlichen Effizienzverlust bleibt es eine Tatsache: Der Bund lenkt immer mehr Geld an immer weniger Landwirte. Warum geht deren Rechnung immer schlechter auf – und das grosse Ziel, den Nettoselbstversorgungsgrad der Schweiz mit Landwirtschaftsprodukten auf über 50 Prozent zu heben, wird ebenfalls verfehlt? Auf einen wichtigen Aspekt macht Patrick Dümmler aufmerksam. Er ist Ökonom beim liberalen Thinktank Avenir Suisse und kritisiert die hohe Subventionsabhängigkeit der Landwirtschaft. Im Grunde genommen stecke eher zu viel als zu wenig Geld im System, findet Dümmler. Das Problem der Bauern bestehe darin, so Dümmler, dass «sie sich in der Zange zwischen Der Bund lenkt immer mehr Geld an immer weniger Landwirte. Trotzdem geht deren Rechnung immer schlechter auf – und die Ziele zum Selbstversorgungsgrad der Schweiz werden nicht erreicht. Es zeige sich, schreibt Baumann, dass die vom Staat geförderte Devise «immer grösser, immer intensiver, immer mehr produzieren» direkt in die Sackgasse führe. Die Intensivlandwirtschaft führe zu Stickstoffeinträgen im Grund- und Trinkwasser, der Pestizideinsatz fördere den Verlust der Biodiversität. Keinesfalls, so Baumann, liege die Ursache für die Misere der Bauern in neuen Umweltschutzauflagen. Im Gegenteil, sie seien dringend nötig. Die Nahrungsmittelproduktion ist dem Markt ausgesetzt. Die Ökologie regelt der Staat. Die Subventionen sind für Massnahmen, die korrigieren sollen, was die Marktkräfte angerichtet haben. Das ist der kaum vernünftig zu bestellende Acker, den die schweizerische Agrarpolitik den Landwirten zur Bearbeitung überlässt. Auf ihm fühlen sich die Bauern trotz mächtiger Bauernpolitiker machtlos. «Im Herbst», hat Urs Haslebacher angekündigt, «ziehen wir Bilanz.» Wenn sich nichts zum Besseren wendet, werden die Traktoren wieder gestartet. Und vielleicht bis nach Bern vors Bundeshaus gesteuert. Profiteure der Subventionen an die Bauern sind auch Dünger- und Futtermittelhersteller sowie Detailhändler. Fotos Keystone Die hoch mechanisierte Intensivlandwirtschaft führe in eine Sackgasse, kritisieren grüne Bauernpolitiker. Foto Keystone Schweizer Revue / Juli 2024 / Nr.4 7

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