Schweizer Revue 5/2024

STÉPHANE HERZOG Die Schweizerinnen und Schweizer lieben ihre Autos. Doch die etwa 4,8 Millionen Personenwagen in der Schweiz stehen die meiste Zeit still. Sie stehen für bis zu 23 Stunden am Tag auf Parkplätzen und in Garagen. Ihre Batterien bleiben dabei von der Welt getrennt. Künftig können aber parkierte Elektroautos über intelligente Stromnetze miteinander verbunden werden. Sie können so Speicherkraftwerke bilden, vergleichbar mit dem Wasser, das in Staudämmen gespeichert wird. «Mit dem bidirektionalen Laden, bei dem jedes Auto Energie senden oder empfangen kann, verfügt die Schweiz über einen riesigen Speichersee», sagt Volker Fröse, ein vom Carsharing-Spezialisten Mobility zitierten Experten. Abends, wenn die Nachfrage nach Strom explodiert, weisen die Netzbetreiber die Batterien an, Strom ins Netz abzugeben. Tagsüber speisen Solarpanels Strom in die Autobatterien ein. Das Gesamtsystem folgt dem Prinzip «Vehicle to Grid» (V2G): ein Netz aus bidirektionalen Batterien, die Strom aufnehmen, speichern und in ein lokales oder globales Netz einspeisen können. Über Nacht voll aufgeladen «Eine Autobatterie kann im Schnitt 60 Kilowattstunden (kWh) speichern, während eine fest eingebaute Batterie in einem Haus mit Solarpanels nur 6 kWh speichert. Viele Leute haben Solarpanels, aber keine Batterie. Der Nutzen des Autos als Stromspeicher ist also offensichtlich», sagt der Walliser Ingenieur Arnaud Zufferey. Eine Ladestation mit einer Leistung von 7 kW kann eine Batterie in einer Stunde zu 10 % aufladen. «Dies bietet viel Flexibilität beim Auftanken, beispielsweise mittags, wenn die Solarproduktion am höchsten ist, oder Künftig sollen die Batterien von Millionen von Autos vernetzt werden Werden Autobatterien an ein gemeinsames Netz angeschlossen, können sie als Kraftwerk dienen. Das führt zugleich zu einem Wechselspiel zwischen Fotovoltaik und Elektroautos. Das Schweizer Carsharing-Unternehmen Mobility hat dazu einen umfassenden Feldversuch durchgeführt. nachts, wenn die Tarife niedrig sind», sagt Zufferey. Wann wird diese Revolution in der Schweiz, der Hochburg des Automobils und der Solarenergie, Einzug halten? Zwischen dem Herbst 2022 und dem Frühjahr 2024 hat Mobility einen umfassenden Feldversuch durchgeführt. Dazu nahm der Carsharing-Anbieter 50 Elektroautos mit bidirektionalen Batterien in seine Flotte auf. Der Feldversuch umfasste über die ganze Schweiz verteilte Autos, die mit verschiedenen Stromanbietern verbunden waren. Im Laufe des eineinhalbjährigen Versuchs legten rund 7000 Personen etwa 800000 Kilometer zurück. Standen die Autos still, «verkauften» sie Strom aus dem Netz und generierten so Einnahmen von bis zu 2000 Franken pro Jahr und Fahrzeug, so Mobility. Das Unternehmen räumt jedoch ein, dass die Nutzung dieses V2G-Systems für ein Carsharing-Unternehmen derzeit noch nicht rentabel ist. «Das Zeitalter der Der Test von Mobility setzte Fahrzeuge voraus, die nicht bloss aufgeladen werden können: Sie müssen auch Strom ins Netz einspeisen können. Vielen Modellen fehlt diese Möglichkeit. Foto Mobility Schweizer Revue / Oktober 2024 / Nr.5 22 Natur und Umwelt

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