SUSANNE WENGER Normalerweise berichten Medien nicht über einen Suizid, weil dies Nachahmungen auslösen kann. Ende September jedoch erschienen in Schweizer und internationalen Medien grosse, bebilderte Beiträge über eine 64-jährige US-Amerikanerin, die sich in einem Waldstück bei Schaffhausen das Leben nahm. Grund für die Berichterstattung war und ist, dass der Fall an der Schweizer Sterbehilfe-Praxis rüttelt. Er führte zu Festnahmen und einem Strafverfahren gegen die Sterbehelfer. Und er alarmierte die Politik. Die Frau reiste in die Schweiz, um in der neuartigen Suizidkapsel Sarco zu sterben. Per Knopfdruck kann eine darin liegende Person Stickstoff einleiten, der Tod erfolgt durch Sauerstoffmangel. «Schnell und friedlich», verspricht die Organisation The Last Resort, die den Sarco bereitstellte. Sie tritt neu als Sterbehilfe-Organisation in der Schweiz auf und ist mit dem Erfinder der Maschine, Philip Nitschke, verbunden. Der australische Arzt, der in den Niederlanden lebt, kämpft seit Langem international für ein Recht auf den in vielen Ländern verbotenen assistierten Suizid. Dieser sei ein Menschenrecht, sagt der 77-Jährige, der keine Provokationen scheut. Behörden übergangen Nitschke verfolgte den weltweit ersten Einsatz seiner Suizid-Apparatur in der Schweiz aus der Ferne, über ein Warum die neuen Sterbehelfer irritieren In der Schweiz kam erstmals eine Suizidkapsel zum Einsatz, obwohl die Behörden sie als illegal betrachten. Die Irritationen sind gross – gerade weil das Land seit Jahren liberal mit Sterbehilfe umgeht. Ein Erklärungsversuch. Sauerstoff- und ein Herzfrequenzmessgerät sowie eine Kamera im Sarco. Das erklärte er gegenüber der niederländischen Zeitung «De Volkskrant», von der eine Fotografin im Schaffhauserland zugegen war. Die persönlichen Entscheidungen der verstorbenen Frau sind zu respektieren, doch die Sarco-Anbieter ignorierten monatelange Warnungen der kantonalen Behörden und zuletzt auch ein bundesrätliches Machtwort. Zwei Stunden, bevor sie im Wald Fakten schufen, stufte die Schweizer Innenministerin das Gerät als illegal ein. Es verstosse gegen das Produktesicherheitsrecht und das Chemikaliengesetz, erklärte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Parlament. Nitschkes Leute betonen hingegen, sie Der Erfinder und Aktivist Philip Nitschke beim Probeliegen in der Sterbekapsel: Methode und Vorgehen des Australiers sind umstritten. Foto Keystone Schweizer Revue / Dezember 2024 / Nr.6 22 Gesellschaft
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