Schweizer Revue 6/2024

wicht: «Es hat eine andere Wirkung, wenn das Volk entscheiden kann.» Genf kennt als erster Kanton eine Regelung Im Kanton Genf haben sich die Stimmberechtigten bereits sehr klar für ein «Verfassungsgesetz Schutz im digitalen Raum» ausgesprochen. Der Ja-Stimmen-Anteil lag bei 94 Prozent. Auch im Bundeshaus war digitale Integrität bereits ein Thema. Für eine nationale Regelung machte sich Samuel Bendahan stark. Es gehe darum, Grundrechte in der digitalen Sphäre zu verteidigen, betonte der SP-Nationalrat aus der Waadt. Wie künstliche Intelligenzen funktionierten und mit sensiblen Daten umgingen, sei häufig nicht transparent. Sie ermöglichten neue Formen der Kontrolle, der Überwachung sowie der Einflussnahme. «Die Menschen müssen vor den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der neuen Technologien geschützt werden.» Die eidgenössischen Räte haben Bendahans Vorstoss abgelehnt, verfolgen die Forderung nach digitaler Unversehrtheit aber weiter. Sie wollen ihr auf Gesetzesebene schneller nachkommen. Monica Amgwerd hofft, dass die Züricher Initiative über die Kantonsgrenzen hinaus etwas bewegen kann: «Wir möchten, dass sich die Bevölkerung mit dem Thema befasst und dessen Bedeutung erkennt.» Zudem sollten Unternehmen, Behörden und Organisationen ihre Digitalisierungsstrategien überdenken. Letztendlich brauche es nationale Lösungsansätze: «Um digital so voranzukommen, dass in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger profitieren.» Raum informiert und selbstbestimmt handeln können. Sie sollen – ohne ihre Zustimmung – nicht überwacht und analysiert werden dürfen. Sie sollen nicht von Maschinen beurteilt werden und darauf zählen können, dass ihre Internetaktivitäten irgendwann vergessen gehen. Die Vor- und Nachteile ausbalancieren Auf den ersten Blick mag es erstaunen, dass die Forderung nach dem Recht auf ein Offline-Leben aus einer Partei kommt, in deren Reihen zahlreiche IT-Fachleute mitwirken und die als besonders technikaffin gilt. «Wir wollen eine menschenfreundliche Digitalisierung und orientieren uns dazu an den Grundrechten – nicht an Trends oder Hypes», sagt Monica Amgwerd: «Dies gehört zu unserer DNA.» Ziel sei es nicht, die Digitalisierung aufzuhalten. Sie müsse jedoch demokratischen Prinzipien folgen. Sie habe der Bevölkerung und nicht einzelnen Konzernen zu dienen. Dafür brauche es Regeln. «Wir bremsen nicht», betont die Generalsekretärin. «Wir greifen ein, um für die Rechte der Menschen zu sensibilisieren.» Diese zu wahren und digital voranzukommen, schliesse sich nicht aus, bestätigt Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft. «Man kann Daten nutzen und schützen – das muss kein Widerspruch sein.» Bei digitalen Projekten gelte es, das Wohl aller Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen. Als positives Beispiel erwähnt Schönenberger, wie nach dem Volks-Nein von 2021 ein neues Konzept für eine elektronische Identität ausgearbeitet wurde. Das zuständige Bundesamt führte dafür ein partizipatives Verfahren durch. «Alle Perspektiven wurden abgeholt, damit nicht einzelne Akteure finanziell profitieren oder zu viel Einfluss nehmen können.» Verläuft alles nach Plan, soll die E-ID 2026 eingeführt werden. Erik Schönenberger schätzt es, dass in der Schweiz digitale Vorhaben an die Urne gelangen. Grundsätzlich sei zwar auch ein Parlament verpflichtet, den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden. Eine Volksabstimmung löse aber wichtige Debatten aus und habe mehr GeEine Delegation der Zürcher Piratenpartei bei der Einreichung ihrer Initiative, die das Recht auf ein Offline-Leben in der Verfassung verankert haben will. Foto Keystone «Wir wollen eine menschenfreundliche Digitalisierung und orientieren uns dazu an den Grundrechten.» Monica Amgwerd, Generalsekretärin der Zürcher Piratenpartei Schweizer Revue / Dezember 2024 / Nr.6 27

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