genthaler Tagblatts». Er hielt es immer für einen gravierenden Fehler, die Lokalberichterstattung zurückzufahren: «Ich staune, wie sehr man Medien am Volk vorbei produziert», sagt er, «die Leute wollen doch wissen, was in ihrem Dorf passiert.» Es gebe ein Bedürfnis nach lokalem Qualitätsjournalismus, und in diesen hat das Huttwiler Unternehmen in den letzten Jahren investiert: die Redaktion leicht aufgestockt, den Radius der Berichterstattung erweitert. Beim «Unter-Emmentaler» heisst es weiterhin: «Print First». Die Website und der Facebook-Account dienen dazu, für die Zeitung zu werben. Kraftakt der Redaktion Ausführliche Beiträge zu aktuellen Lokalnachrichten machen 80 Prozent des redaktionellen Inhalts aus: In Melchnau bleibt die Dorfkäserei erhalten, in Huttwil wird um den Gemeindebeitrag zur Eishalle gerungen, in Affoltern entsteht ein Feuerwehrmuseum. Die Redaktion erbringt viele Eigenleistungen. Sie besucht Veranstaltungen, porträtiert Menschen, interviewt Persönlichkeiten aus der Region. Zudem ist sie an jeder Gemeindeversammlung präsent, wo die Stimmberechtigten über lokale Vorlagen entscheiden. Es sind wichtige Organe der direkten Demokratie in der Schweiz. Mehr als 40 Gemeindeversammlungen abzudecken, ist ein Kraftakt. «Doch wir wollen diesen Service leisten», sagt Redaktionsleiter Thomas Peter. Studien zeigen: Wenn keine Medien mehr über das Leben eines Ortes und seiner Bewohnerinnen und Bewohner berichten, sinkt die politische Beteiligung, und der soziale Zusammenhalt nimmt ab. Fehlen unabhängige Lokalmedien, steigt zudem die Korruption. Für umfangreiche Recherchen hat der «Unter-Emmentaler» laut Peter nicht genügend Kapazitäten. Akteure «mit Dreck bewerfen» und Konflikte schüren will man ohnehin nicht. Bei kontroversen Themen werden Fakten und Positionen dargestellt, damit Leserinnen und Leser sich eine Meinung bilden können. Allzu Angriffiges tolerieren diese kaum, Proteste in Lausanne gegen Abbaupläne des Zürcher Medienhauses Tamedia. Die Westschweiz ist stark betroffen (12. September 2024). Foto Keystone Der neue Dorfladen in einer kleinen Gemeinde ist dem «Unter-Emmentaler» einen Artikel auf der Titelseite wert (Ausgabe 6.12.2024). weiss Walter Ryser: «Wir bekommen sofort Reaktionen, das entspreche nicht dem Stil der Zeitung.» Auflage gesteigert Der «Unter-Emmentaler» besteht am Markt. Rund 4700 Personen bezahlen gemäss aktuell beglaubigter Auflage für ein Abonnement, die Zahl konnte in den letzten Jahren erhöht werden, entgegen dem allgemeinen Trend. Dadurch bleiben auch die lokalen Inserenten der gedruckten Zeitung treu, die Einnahmen sind laut den Verantwortlichen zufriedenstellend. Alle zwei Wochen wird eine Grossauflage von 20 000 Exemplaren gestreut. Als Printverlag profitiert das Huttwiler Unternehmen zudem von subventionierter Postzustellung. Wie ist der Erfolg eines kleinen Traditionsblatts mitten in Medienkrise und digitaler Transformation möglich? «Bei solchen Zeitungen funktioniert das Geschäftsmodell noch, Post CH AG, AZ 4950 Huttwil UNTER-EMMENTALER SCHÜRCH DRUCK & MEDIEN | E-MAIL UE@SCHUERCH-DRUCK.CH | TELEFON 062 959 80 70 DIE ZEITUNG FÜR DEN OBERAARGAU, DAS EMMENTAL UND DAS LUZERNER HINTERLAND Erscheint Dienstag und Freitag. Jeden zweiten Freitag regionale Grossauflage HEUTE GROSSAUFLAGE 23 918 EXEMPLARE 149. Jahrgang, Nummer 97 Einzelpreis Fr. 1.50 FREITAG, 6. DEZEMBER 2024 www.unter-emmentaler.ch URSENBACH Neuer Dorfladen in ehemaliger Bäckerei In der ehemaligen Dorfbäckerei Schär in Ursenbach wird am Samstag, 7. Dezember, ein neuer Dorfladen eröffnet. Hinter dem Projekt steht eine Genossenschaft, an der zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner beteiligt sind, mit dem Ziel, dass Lebensmittel und Produkte für den täglichen Bedarf weiterhin im Dorf bezogen werden können. Von Walter Ryser Es war ein herber Schlag für Ursenbach, als diesen Sommer die Bäckerei Schär nach über 125 Jahren den Betrieb definitiv einstellte, weil die Inhaber Ursula und Heinz Schär trotz intensiver Suche keinen Nachfolger für fanden. Geblieben ist den Ursenbacherinnen und Ursenbachern ihre Käserei, die seither in kleinem Rahmen und auf Vorbestellung Brot anbietet, daneben aber nicht über die nötige räumliche Kapazität verfügt, um in der Käserei einen Dorfladen zu betreiben, wie Niklaus Leuenberger, Präsident der Käsereigenossenschaft, gegenüber dem «Unter-Emmentaler» zu verstehen gab. Der Verlust der Bäckerei hat die Dorfbewohner beschäftigt, so auch Denise Richard, die bereits ein Jahr vor der Schliessung Kontakt mit den damaligen Bäckers-Leuten aufnahm. Die 40-jährige therapeutische Masseurin und vierfache Mutter trug den Gedanken mit sich herum, in der ehemaligen Bäckerei einen Dorfladen zu realisieren. «Nach dem Gespräch mit Heinz und Ursula Schär habe ich diesen Gedanken aber wieder verworfen, weil ich feststellen musste, dass ich das nicht alleine realisieren kann.» Über 100 Anteilscheine gezeichnet Doch der Gedanke habe sie nicht mehr losgelassen. Auch andere Dorfbewohner wie Gemeinderätin Nicole Zaugg hatten die gleiche Idee und als Denise Richard die Gemeinderätin in dieser Angelegenheit kontaktierte, kam alles ins Rollen. Die beiden begeisterten weitere Ursenbacherinnen und Ursenbacher für ihre Idee. «Alle, die wir anfragten, sagten spontan zu», zeigt sich Nicole Zaugg erfreut über die grosse Solidarität gegenüber dem Projekt «Dorflade». In einem ersten Schritt wurde abgeklärt, wer hinter dem Dorfladen stehen soll und welche Rechtsform dafür geschaffen werden muss. Dabei habe man sich auch bei anderen Dorfläden erkundigt. Letztendlich fiel der Entscheid, eine Genossenschaft «Ursenbacher Dorflade» zu gründen, die als Betreiberin auftritt. Nicht weniger als neun Personen traten als Gründungsmitglieder in Erscheinung, Niklaus Leuenberger übernahm das Präsidium der neuen Genossenschaft. Mittlerweile sind bereits über 100 Anteilscheine à 100 Franken gezeichnet worden. Auch die Gemeinde unterstützt dieses Projekt mit einer grosszügigen Spende. Aber auch die Liegenschaftsbesitzer Heinz und Ursula Schär stehen diesem Projekt wohlwollend gegenüber und unterstützen dieses mit einem Mieterlass in den ersten Monaten sowie anschliessend mit einem moderaten Mietzins. Starthilfe für Kundschaft Mit dem Geld wurde in den letzten Wochen der bestehende Laden erneuert und angepasst. Weiter wurde ein Kassensystem angeschafft, Mobiliar beschafft und Werbung für den neuen Dorfladen gemacht, der am Samstag, 7. Dezember, als «SelbstbedienungsDorfladen» eröffnen wird und über ein Grundangebot an Brot, Backwaren, Sandwiches, Käsereiprodukten aus der Dorfkäserei, Früchten, Gemüse, Beeren, Fleischwaren, Eiern, Getreideprodukten, Honig, Glacen, Kaffee, Getränken und Geschenkartikeln verfügen wird. Für die Kundschaft bietet die Genossenschaft eine sogenannte Start-Hilfe, mit betreuten Ladenzeiten den ganzen Dezember (Dienstag, 9 bis 10 Uhr; Donnerstag, 15 bis 16 Uhr und Samstag von 9 bis 10 Uhr). Vor allem ältere Bewohnerinnen und Bewohner dürften über dieses Angebot froh sein, damit ihnen zu Beginn jemand bei der Abwicklung des Einkaufs, aber vor allem beim Bezahlsystem behilflich ist. Geöffnet ist der neue Dorfladen jeweils von Montag bis Sonntag, von 6 bis 20 Uhr. Um Diebstählen vorzubeugen, wird der Laden videoüberwacht. Jeden Morgen wird eine Person der Genossenschaft die Warenlieferungen entgegennehmen, die Regale dementsprechend mit neuen Waren bestücken und allgemeine Reinigungs- und Aufräumarbeiten erledigen, damit die Kunden wieder frische Waren in genügender Anzahl vorfinden. Etliche Personen hätten in den letzten Wochen und Monaten sehr viel Herzblut und ein grosses Engagement in dieses Projekt gesteckt, zeigt sich Niklaus Leuenberger erfreut über den intakten Dorfgeist in Ursenbach. Aber der Präsident der Genossenschaft macht sich nichts vor und ist Realist: «Es nützt am Ende nichts, wenn sich alle über den neuen Dorfladen freuen, funktionieren tut dieses Projekt nur dann, wenn die Ursenbacherinnen und Ursenbacher auch hier einkaufen.» Profitieren vom neuen Angebot werden laut Gründungsmitglied Manuel Weyermann zweifellos auch die Bewohner der Nachbargemeinden Walterswil und Oeschenbach und nicht zuletzt Touristen und Tages-Ausflügler, die auf der Durchreise ins Emmental sind. «Gerade diese Kunden haben das Angebot der Bäckerei Schär jeweils geschätzt», erinnert sich der 28-jährige Landwirt. In den ersten Monaten gehe es nun darum, Erfahrungen zu sammeln, das Sortiment allenfalls anzupassen und Feedbacks der Kundschaft einzuholen, um anschliessend das Projekt «Dorflade» zu optimieren und das Angebot unter Umständen anzupassen. «Wir sind überzeugt, dass dieser Laden unserem Dorf einen Mehrwert bietet und deshalb auch entsprechend genutzt wird», freuen sich die Gründungsmitglieder auf den Start. Eröffnen am 7. Dezember in der ehemaligen Bäckerei Schär einen neuen Selbstbedienungs-Dorfladen: Die Gründer der Genossenschaft «Ursenbacher Dorflade» (stehend von links): Niklaus Leuenberger, Esther Heiniger, Manuel Weyermann, Fritz Steiner. Vorne (von links): Denise Richard, Nicole Zaugg und Anja Güdel. Auf dem Bild fehlen: Kathrin Leuenberger und Nicole Plüss. Bild: zvg HUTTWIL Neues Erholungsgebiet Im Zuge der Hochwasserschutzmassnahmen im Kammernmoos ist ein neues Erholungsgebiet mit Teich entstanden. Seite 3 WYSSACHEN Klimapreis für Loosli AG Damit hat Matthias Loosli nicht gerechnet: Der Berner Unternehmerpreis Klima und Energie 2024 geht an die Loosli AG. Seite 5 EISHOCKEY Brandis ist Tabellenführer Der EHC Brandis liegt nach acht Siegen in neun Spielen an der Tabellenspitze der 2. Liga. Trainer Thomas Fasel berichtet. Seite 19 ZEIT FÜR EINE NEUE WEBSEITE? UE 37883 Tel. 034 435 15 45 | ekaffoltern.ch persönlich. unabhängig. sicher. UE 37895 ADRIAN WÜTHRICH Gemeindepräsident Huttwil ab 1.1.2025 Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen. Für unser Huttwil! Falls Sie meine Tätigkeit als Gemeindepräsident verfolgen wollen, folgen Sie mir auf Instagram: @adrianwuethrich SP_Huttwil_AW_Danke_2024_55x80.indd 1 04.12.24 16:54 UE 39201 BURGDORF/KANTON BERN «Lädere» definitiv nicht in Burgdorf Die Technische Fachschule, im Volksmund «Lädere» genannt, zieht nicht von Bern nach Burgdorf. Das Berner Kantonsparlament ist auf das vor Jahren an die Stadt Burgdorf abgegebene Versprechen zurückgekommen und hat das Projekt von der Investitionsliste gestrichen. Finanzdirektorin Astrid Bärtschi verwies auf die grossen Investitionen, die der Kanton in den kommenden Jahren tätigen muss. Um das alles finanziell noch stemmen zu können, brauche es eine Verzichtsplanung. «Wir können uns nicht mehr alles leisten», sagte die Regierungsrätin. Bärtschi räumte ein, dass bereits über 14 Millionen Franken in das mittlerweile baureife Vorhaben geflossen sind. Diese abzuschreiben sei nicht schön, räumte die Regierungsrätin ein. Unter dem Strich entlaste der Verzicht auf das Projekt aber den Kanton Bern. Die Gegner der Streichung warfen der Regierung Wortbruch vor. Ein vor Jahren gegebenes und mehrfach bestätigtes Versprechen einfach mit einem einzigen Federstrich zu bodigen, untergrabe das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik. SP-Grossrat und Burgdorfer Stadtpräsident Stefan Berger sagte, dass ein so ausgereiftes und schweizweit einzigartiges Bildungsprojekt nicht einfach so weggespart werden dürfe. Das wäre verantwortungslos, auch mit Blick auf die Wirtschaft, die auf Fachkräfte angewiesen sei. SVP-Grossrat Martin Lerch sprach von einem «veritablen Affront», dass der Kanton Millionen in den Sand setzen wolle. Noch nie sei im Kanton ein so weit fortgeschrittenes Projekt einfach abgeschossen worden. Am Ende fällte der Grosse Rat mit 74 zu 77 Stimmen und 4 Enthaltungen einen hauchdünnen Entscheid gegen den Umzug der «Lädere» nach Burgdorf. Der Kanton soll Burgdorf nach der Streichung des Bildungscampus-Projekts ein anderes Zückerchen geben, forderte eine weitere Planungserklärung. Allenfalls könnte die eben erst nach Deisswil gezogene Schule für Gestaltung nach Burgdorf weiterziehen. Davon riet Finanzdirektorin Astrid Bärtschi allerdings ab. In Deisswil laufe ein Zehnjahresvertrag für die Miete der Räume und ein Umzug nach Burgdorf wäre zu teuer. sda Schweizer Revue / Januar 2025 / Nr.1 17
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