19 THEODORA PETER Sie haben zwar verloren, doch bereuen sie ihr Engagement nicht: «Zum ersten Mal hat ein Land darüber abgestimmt, ob die planetaren Grenzen den Rahmen der Wirtschaft bilden sollen», schreiben die Jungen Grünen. Das wissenschaftliche Konzept orientiert sich an Belastungsgrenzen für das Ökosystem Erde – zum Beispiel bei der Biodiversität, beim Wasserhaushalt oder beim Klima. Mit ihrer Initiative wollte die Jungpartei erreichen, dass die Schweiz ihren Ressourcenverbrauch stark einschränkt, um die natürlichen Lebensgrundlagen des Planeten zu erhalten («Revue» 6/2024). Dieses Ziel hätte innerhalb von zehn Jahren erreicht werden müssen. Das ging der Bevölkerung offensichtlich zu weit. 69,8 Prozent der Stimmenden lehnten die Umweltverantwortungs-Initiative ab. Weniger deutlich fiel mit 55,1 Prozent das Nein der Auslandschweizerinnen und -schweizer aus. Die Abstimmungsgewinner aus dem rechten Lager sahen sich in ihrer Skepsis gegenüber der «extremen» Initiative bestätigt. Sie hatten im Abstimmungskampf vor einer «Wohlstandsvernichtung» gewarnt und sahen die liberale Wirtschaftsfreiheit gefährdet. Auch die Grünliberalen, ökologischen Anliegen ansonsten wohlgesinnt, erachteten eine Umsetzung der Initiative als «unmöglich». Für Umweltminister Albert Rösti (SVP) ist das VolksNein «gewiss kein Nein zum Schutz der Umwelt». Es sei unbestritten, «dass wir den natürlichen Lebensgrundlagen Sorge tragen müssen», sagte Rösti nach dem Abstimmungssonntag. Die Bevölkerung wolle aber kein «radikal anderes Leben, als wir es heute in der Schweiz führen». «Nicht von heute auf morgen» Das Volksverdikt interpretierte der Bundesrat als Bestätigung für den bisherigen Kurs in der Umwelt- und Klimapolitik. Der CO₂-Ausstoss sei bereits rückläufig. Von Innovationen und einer Stärkung der Kreislaufwirtschaft erhofft sich Rösti weitere Fortschritte. «Die Umstellung auf eine ressourcenschonende Lebensweise kommt nicht von heute auf morgen.» Mit dem Klimaschutzgesetz, dem das Volk vor zwei Jahren zustimmte («Revue» 4/2023), verpflichtet sich die Schweiz, schrittweise aus fossilen Energieträgern wie Erdöl und Gas auszusteigen. Damit soll das Land bis 2050 klimaneutral werden, so wie es das Pariser Klima-Abkommen vorsieht. Erreichbar ist das Netto-Null-Ziel nur dann, wenn Industrie, Verkehr und Privathaushalte den Ausstoss umweltschädlicher Treibhausgase stark reduzieren. Doch harzt es bei der Umstellung auf erneuerbare Energien: Der anfängliche Solarboom ist abgeflacht, der Verkauf von ElektroAutos geht zurück, und in vielen Gebäuden wird nach wie vor mit Erdöl geheizt. Kommt dazu, dass der Bund spart und Klimaprogramme streichen will. Laut Umweltminister Rösti hält der Bundesrat dennoch an den «ambitiösen» Klimaschutz-Zielen fest. Der nächste eidgenössische Urnengang findet erst am 28. September 2025 statt. Die entsprechende Abstimmungsvorschau erscheint in der kommenden «Revue». Utopische Umweltverantwortungs-Initiative geht dem Volk zu weit Mit fast 70 Prozent Nein ist die Initiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen» an der Urne gescheitert. Auch die Stimmenden der Fünften Schweiz lehnten das Anliegen der Jungen Grünen am 9. Februar 2025 ab. Nein zu Umweltverantwortungs-Initiative 0 5 1015202530354045 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 44.9% Die Volksinitiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen» wurde national mit 69,8 Prozent der Stimmen abgelehnt. Auch die Fünfte Schweiz war dagegen – mit 55,1 Prozent Nein aber weniger deutlich. Kein einziger Kanton sagte Ja. Ja-Stimmen in Prozent zur Umweltverantwortungs-Initiative Die Crew der Jungen Grünen und der JUSO am 9. Februar 2025, während den ersten Hochrechnungen zu ihrer Initiative. Ihre Enttäuschung war offensichtlich, aber bereut haben sie ihr Engagement nach eigenem Bekunden nicht. Foto Keystone Auslandschweizer:innen Schweizer Revue / April 2025 / Nr.2 Politik
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx