Schweizer Revue 3/2025

HANNAH LOCHER von Unicef Schweiz zitiert alarmierende Studienergebnisse. Über ein Drittel aller 14- bis 19-Jährigen litten unter schweren oder mittelschweren Angststörungen oder Depressionen. Foto ZVG Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen Unicef nennt als Risikofaktoren für psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen Armut, sucht- oder gewaltbelastete Familienverhältnisse, emotionale Vernachlässigung in der Kindheit oder schlechte Kindheitserfahrungen wie Mobbing an Schulen. Investitionen in die Prävention psychischer Erkrankungen seien im Interesse der gesamten Gesellschaft, auch aus wirtschaftlicher Sicht. So beziffert die London School of Economics die Verluste durch psychische Beeinträchtigungen und Störungen, die zur Erwerbsunfähigkeit oder zum Tod von jungen Menschen führen, in Europa auf fast 58 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Psychische Gesundheit von Jungen ist also nicht nur in der Schweiz ein Thema – und nicht erst seit der Covid-Pandemie, wie der Zeitraum der genannten Umfragen (siehe Haupttext) vermuten lassen könnte. «Die Pandemie war ein möglicher Treiber, das Problem bestand bereits vorher», sagt Hannah Locher von Unicef Schweiz und Liechtenstein. Covid habe es verstärkt und sichtbar gemacht. (DLA) rin Kampagnen von engage.ch beim DSJ. Als positives Beispiel erwähnt sie die im Sommer 2022 von Nationalrat Lukas Reimann (SVP) eingereichte Motion, die vom Bundesrat verlangt, Sprachaufenthalte für Schüler:innen in der Schweiz in allen vier Landessprachen zu fördern. Der Bundesrat hat die Motion abgelehnt, doch der Nationalrat hat sie im Frühling 2024 angenommen. Als nächstes ist der Ständerat am Zug; das Schicksal der Motion ist also noch offen. Ein weiteres Thema, das die Jungen aufgegriffen haben, beschäftigt sich mit der Früherkennung des Risikos gekürzter Altersrenten, weil die Beiträge an die Sozialversicherung nicht lückenlos jedes Jahr einbezahlt worden sind. Das Problem stellt sich häufig am Anfang des Berufslebens. FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt hat die Frage ins 15-jähige Sekundarschülerin Irem Dönmez reden. Sie wird in Zürich den Jugendvorstoss zum Thema «Psychische Gesundheit» vor dem Stadtparlament vertreten. Es ist ein Thema, das ihr persönlich am Herzen liegt, nachdem sie den Übertritt von der 2. in die 3. Sekundarklasse als «sehr stressig» erlebt hat. «Wir mussten zahlreiche Schnupperlehren absolvieren, bis im August eine Lehrstelle gefunden haben, den normalen Lernstoff bewältigen und am Ende während zwei Wochen täglich eine Prüfung schreiben.» Verständlich, dass in solchen Situationen die Nerven strapaziert werden, erst recht, wenn noch private Probleme hinzukommen. Die Jugendliche wünscht sich mehr Verständnis von den Lehrpersonen für diese emotionale Belastung; es brauche Raum und konkrete Angebote an der Sekundarschule, um Gefühle und Probleme anzusprechen. «In dieser strengen Zeit sollte nicht nur das Schulische beachtet werden», sagt Irem Dönmez. Der von ihr vorgebrachte Jugendvorstoss verlangt darum von der Stadt einen Kredit für Präventionsangebote zur Stärkung der psychischen Gesundheit auf Sekundarstufe. Vordringliches Thema für Junge Für den jungen «Zukunftsrat U24» ist die psychische Gesundheit von jungen Menschen in der Schweiz das Thema schlechthin. Es wurde in einer schweizweit repräsentativen Umfrage als vordringlich eingestuft. Der Zukunftsrat wird von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) getragen. Er ist ein Rat von Bürger:innen zwischen 16 und 24 Jahren, die in der Schweiz wohnen. Die 80 Teilnehmer:innen werden aus 20000 angeschriebenen Personen in einem mehrstufigen Losverfahren ausgewählt. Die Zusammensetzung des Rats Parlament getragen, der Bundesrat hat dazu Stellung bezogen. «Alarmierende Zahlen» zur psychischen Gesundheit Wer junge Menschen mitreden lässt, zeigt ihnen, dass ihre Meinung zählt, und leistet damit auch ein Stück weit Prävention: davon ist Hannah Locher von Unicef Schweiz und Liechtenstein, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, überzeugt. Studien zeigen, dass es vielen Kindern und Jugendlichen in der Schweiz nicht gut geht. Gemäss einer 2021 im Auftrag von Unicef Schweiz und Liechtenstein durchgeführten Erhebung bei 14- bis 19-Jährigen weisen 37 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz mittelschwere oder schwerwiegende Anzeichen einer Angststörung und/oder einer Depression auf. «Die Zahlen sind alarmierend», sagt Hannah Locher, auch mit Blick auf die «StressStudie» der Schweizer Stiftung Pro Juventute, die von Ende 2019 bis Anfang 2020 bei über 1000 Schüler:innen durchgeführt worden ist. Sie zeigt, dass ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz unter hohem Stress steht, sich müde und erschöpft fühlt und über Leistungsdruck klagt. Über Leistungsdruck will auch die Schweizer Revue / Juli 2025 / Nr.3 6 Schwerpunkt

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