Schweizer Revue 4/2025

DENISE LACHAT In Barcelona gehen aufgebrachte Einheimische mit Transparenten auf die Strasse und rufen «Tourist go home!», in Schweizer Städten macht die Bevölkerung ihrem Ärger mit basisdemokratischen Instrumenten Luft. «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» heisst die Initiative, die 2023 in der Stadt Luzern angenommen worden ist. Aktuell doppeln gleich fünf Gemeinden in der Jungfrauregion nach. In Unterseen, Interlaken, Matten, Wilderswil und Bönigen waren die nötigen Unterschriften für gleichlautende Gemeinde-Initiativen in Windeseile erreicht, sagt Hanspeter Berger, Ko-Präsident der federführenden SP Bödeli-Jungfrau. «Das Thema Airbnb brennt der Bevölkerung unter den Nägeln, das ist kein linkes Anliegen», bestätigt Jürg Müller-Muralt aus Unterseen, der am Initiativen-Projekt mitgewirkt hat. An der Gemeindeversammlung zum Thema sei die Mehrzweckhalle randvoll gewesen, sagt Müller-Muralt. Das habe er noch nie erlebt. Grund zur Sorge Nicht zufällig brennt es der Schweizer Bevölkerung unter den Nägeln. Der Trend sei «besorgniserregend», bestätigt das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) in seinem jüngsten Bericht. In vielen Schweizer Regionen stünden immer weniger Wohnungen zur Dauermiete frei. Ist Airbnb schuld daran? Die Plattform für Kurzzeitvermietungen ist zumindest einer der Treiber und verschärft die Situation. Für Hanspeter Berger ist klar: «Airbnb mit seinen bis zu viermal höheren Renditen im Vergleich zum Erstwohnungsmarkt für Langzeitvermietungen ist heute ein Businessmodell mit unethischen Auswirkungen. Es verknappt den Wohnraum für Einheimische und treibt die Mietpreise in die Höhe.» Besonders stossend ist in seinen Augen, dass mit den Touristen via Airbnb rasches Geld verdient werde, während die Angestellten in der Tourismusbranche, die oft bescheidene Löhne verdienten, sich das Wohnen in der Nähe ihres Arbeitsorts nicht mehr leisten könnten. Was tun? Die fünf kommunalen Volksinitiativen wollen das «Businessmodell Airbnb» unattraktiver gestalten, indem sie die Kurzzeitvermietung von Wohnungen via Buchungsplattformen auf maximal 90 Tage pro Jahr beschränken. Die Idee dahinter: Darf eine Wohnung jährlich nur noch während 90 Tagen kurzzeitig vermietet werden, wird die konventionelle Dauervermietung für Wohnungseigentümer finanziell wieder interessant. Die 90-Tage-Regel ist keine neue Erfindung: Man kennt sie in verschiedenen Städten Europas und der Schweiz. Der Kanton Genf hat sie bereits 2018 eingeführt, 2022 hat auch der Kanton Waadt ähnlich reguliert, und seit Anfang Jahr setzt die Stadt Luzern die eingangs erwähnte Initiative ebenfalls mit diesem Element um. Der Luzerner Initiant David Roth freut sich auf eine Entspannung der Lage. Er ist überzeugt, dass in den nächsten Monaten und Schweizer Wohnungsnot befeuert Debatte über Airbnb In der Schweiz finden Mieterinnen und Mieter kaum mehr bezahlbare Wohnungen. Denn: Buchungsplattformen wie Airbnb entziehen dem Mietmarkt laufend Wohnraum. Jetzt geben erste Gemeinden kräftig Gegensteuer. Schweizer Revue / Oktober 2025 / Nr.4 24 Tourismus

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