Schweizer Revue 4/2025

müssen die Kantone und Gemeinden handeln. Die Stadt Bern verfügt seit Anfang 2022 über eine Reglementierung von Kurzzeitvermietungen in der Altstadt. Je nach Zone sind der Dachstock beziehungsweise Wohnungen ab dem zweiten Stockwerk Langzeitmieterinnen und -mietern vorbehalten. Unterseen verbietet die kurzzeitige Vermietung innerhalb der Wohnzone, und Interlaken reguliert die Nutzung von Zweitwohnungen über die Zonenpläne. Auch die SAB empfiehlt Gemeinden, in einem ersten Schritt eine Wohnraumanalyse vorzunehmen und eine Wohnraumstrategie zu erarbeiten, um dann passende Massnahmen zu ergreifen. Entscheidend ist indes, wie weit die Massnahmen gehen. Hanspeter Berger spricht im Falle von Interlaken von einem zahnlosen Tiger, wenn bloss eine Mindestvermietdauer von zwei aufeinanderfolgenden Nächten vorgeschrieben sei. Genauso lange blieben jeweils Airbnb-Gäste. Noch entscheidender ist aber, wie gut die Umsetzung der Massnahmen kontrolliert wird. Im Kanton Genf beispielsweise kritisieren sowohl der Tourismusdirektor wie auch der Präsident des Genfer Mieterverbands (und ASO-Vorstandsmitglied) Carlo Sommaruga mangelnde Kontrollbereitschaft. Natürlich brauche es Ressourcen, wenn das Gemeindepersonal vorbeigehen müsse, um zu sehen, ob eine Wohnung belegt sei oder nicht, sagt Sommaruga. Er fordert Kontrollen, deren Aufwand nötigenfalls mit Bussen finanziert werden soll. Leicht ist es indes nicht, ein Kontrollsystem aufzubauen. Erste Gemeinden – etwa Luzern, Davos und St. Moritz – verpflichten aber inzwischen die Vermieter von Airbnb-Wohnungen, sich beim zuständigen Amt zu registrieren und ihre Identifikationsnummer auf der Buchungsplattform zu publizieren. Das soll die Kontrollen erleichtern. Jahren Hunderte von Wohnungen vom Zweit- auf den Erstwohnungsmarkt zurückkehren werden. Weil inzwischen selbst schlechte Wohnungen auf die Schnelle renoviert, mit Kajütenbetten vollgestellt und teuer vermietet werden, spricht sich sogar ein erklärter Regulierungsgegner wie Urs Kessler für die Massnahme aus. Die Entwicklung sei für den Schweizer Tourismus imageschädigend, sagte der Ex-Chef der Jungfraubahnen in einem Interview. Auch Berggebiet unter Druck Natürlich gibt es auch Gegner. Nicht wenige sehen mit der 90-Tage-Regelung die Eigentumsgarantie in Gefahr. Und auch Besitzer von Ferienchalets horchen auf. Sie sind aber beispielsweise in den Gemeinde-Initiativen der Jungfrauregion explizit ausgenommen. «Wenn Ferienchalets und -wohnungen von den Eigentümern selbst bewohnt werden, dürfen bis zu fünf Betten ohne Einschränkung vermietet werden», erklärt SP-Präsident Berger. Diese Form der Beherbergung ist im Berner Oberland Tradition und stiftet keinen Unfrieden. Auch Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), heisst Airbnb in den Berggebieten «sehr willkommen, wenn es darum geht, kalte Betten in Zweitwohnungen in warme Betten zu verwandeln». Problematisch werde es hingegen, wenn Erstwohnraum dauerhaft dem Wohnungsmarkt entzogen werde. Wohnungsknappheit im Berggebiet ist laut Egger eine direkte Folge der Corona-Pandemie und somit ein relativ neues Phänomen. Er sagt: «Seit der Pandemie möchten wesentlich mehr Personen in die Berggebiete ziehen, um sich dauerhaft in Erstwohnungen oder vorübergehend in Zweitwohnungen niederzulassen.» Die Folge davon: Die durchschnittliche Leerwohnungsziffer hat sich in den Tourismusgemeinden laut Egger innerhalb von drei Jahren halbiert – auf unter 1 Prozent. Stehen weniger als 1 Prozent der Wohnungen leer, spricht man in der Schweiz von Wohnungsnot. Diese ist also in vielen Tourismusorten längst erreicht. Der SAB-Direktor rechnet nicht damit, dass sich die Situation rasch entschärft. Hingegen sieht Egger Airbnb nicht als Konkurrenz für die Hotellerie. Airbnb spreche teilweise ein anderes Kundensegment an und bringe so zusätzliche Gäste in die Destination. Auch für die Hotelbetriebe sei Airbnb ein zusätzlicher Verkaufskanal. Entscheidend: Ausmass und Kontrolle Weil die Schweiz keine landesweit geltenden Einschränkungen für die Vermietung von Airbnb-Wohnungen kennt, In Luzern gehören Gäste aus aller Welt zum Bild des Alltags. Gegen den Airbnb-Boom geht die Stadt nun aber mit einschränkenden Bestimmungen vor. Foto Keystone Anonyme Schlüsseldepots statt Klingelschilder mit Namen: Weil Airbnb boomt, werden in vielen Städten Mieter und Mieterinnen aus ihren Wohnquartieren verdrängt. Foto Keystone Schweizer Revue / Oktober 2025 / Nr.4 25

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