Schweizer Revue 5/2019

Schweizer Revue / September 2019 / Nr.5 31 Die Berufslehre verliert an Boden Die praxisnahe Berufslehre ist eine Schweizer Erfolgsge- schichte. Doch sie verliert derzeit bei Jungen an Beliebtheit: Immermehrwollen nach der obligatorischen Schulzeit ans Gymnasium. Ausgeprägt ist dieser Wunsch bei Mädchen: Jedes zweitewill ans Gymnasium. Als Folge blieben 2019 in der Schweiz bei Beginn des neuen Lehrjahres 15000 Lehr- stellen unbesetzt. Das ist für viele Firmen ein Problem. (MUL) Lukas Bärfuss erhält Georg-Büchner-Preis Erstmals seit 25 Jahrenwirdwieder ein Schweizermit dem wichtigsten deutschen Literaturpreis ausgezeichnet: Der mit 50000 Euro dotierte Georg-Büchner-Preis geht heuer an den Schweizer Schriftsteller und Dramatiker Lukas Bärfuss (1971). Er wird ihm am 2. November in Darmstadt verliehen. Die Jury würdigt Bärfuss als «herausragenden Erzähler und Dramatiker der deutschsprachigen Gegen- wartsliteratur». Bärfuss begleite die heutige Welt mit furchtlos prüfendem, verwundertemund anerkennendem Blick. (MUL) Frauenstreik mit historischer Dimension Der Frauenstreik vom 14. Juni 2019 (siehe «Revue» 3/2019) geht als grösste politische Demonstration in die moderne Geschichte der Schweiz ein. Über den gesamten Tag be­ teiligten sich mehrere Hunderttausend Frauen an den Aktionen undArbeitsniederlegungen. Der Streik erreichte in allen grossen Städten historische Dimensionen. Seine Hauptforderung war die Gleichstellung der Frauen im Er- werbsleben und in der Gesellschaft, konkret zum Beispiel «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit». (MUL) Das Matterhorn bröckelt Das alpineWahrzeichen der Schweiz, dasMatterhorn, steht in den Schlagzeilen: Bergführer fordern nach tödlichenUn- fällen dessen Sperrung. Die Standortgemeinde Zermatt stellt sich gegen diese Forderung. Ursache der Unfälle sind steigende Temperaturen: Weil der Permafrost auftaut, stürzten amMatterhorn Teile der gesicherten Route in die Tiefe – samt Alpinisten. Schmelzender Permafrost ist in der Schweiz in alpinen Lagen eine generelle Herausforderung. (MUL) Waffenexporte in der Kritik Die Schweizer Stimmberechtigten werden über Kriegs­ materialexporte abstimmen können: Die nötigen Unter- schriften für die sogenannte «Korrektur-Initiative» sind in Rekordzeit zusammengekommen. Mitte Juni wurde die Initiative eingereicht. Sie ist eine Reaktion auf den Plan des Bundesrats, Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zuzu­ lassen (siehe Editorial in «Revue» 3/2019). (MUL) Annik Grob Ans Auswandern denkt Annik Grob derzeit nicht. Die Zwölfjährige lebt mit ihrer Familie in Therwil imKanton Basel-Landschaft und ist dort verwurzelt. Doch für einen Wettbewerb des Deutschen Aus­ wandererhauses Bremerhaven versetzte sich Annik in die Haut eines jungen Mädchens, das seine Heimat verlässt. «Wenn ihr auswandern würdet, welche zehn Dinge würdet ihr einpacken?» lautete die Frage, die das Museum Kindern und Jugendlichen stellte und sie einlud, ihren ganz persönlichen Auswandererkoffer zu gestalten. Die elf kreativsten Werke fanden den Weg in eine Sonderausstellung – dar- unter auch Anniks Koffer. Die Schülerin überzeugte die Jury mit der Idee, neben neun anderen Dingen ein umfangreiches Buch einzupacken: «Irgendein Buch über Pferde, das 20000 Seiten hat, weil ich dann sehr, sehr lange darin lesen könnte.» Nämlich so lange, «bis ich die Sprache meiner neuenHeimat gelernt hätte und dort neue Bücher kaufen könnte». Und falls dies mit der fremden Sprache noch nicht klappen sollte, könnte sie sonst wieder von vorne beginnen, «weil ich bestimmt den Anfang des Buches schon wieder vergessen habe, wenn ich die 20000 Seiten gelesen habe». In Anniks Auswandererkoffer finden sich zudem ein Radiogerät, eine CD der Rapperin Namika, ein Fotoapparat, Kleidung, Geld, ein Etui mit 40 Farbstiften, die Identitätskarte, Schmuck und ihr Schulpferd «Resuelto». Zumindest bis Bremerhaven ist Anniks Kof- fer bereits gereist. Von der Hafenstadt an der Nordsee brachen im 19. Jahrhundert mehr als sieben Millionen Auswanderer in die Neue Welt auf. Die Schülerin kann sich durchaus vorstellen, eines Tages in ein anderes Land zu ziehen. «Immer amgleichen Ort zu sein, ist lang­ weilig.» THEODORA PETER Herausgepickt Nachrichten

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx