Schweizer Revue 2/2021

Schweizer Revue / April 2021 / Nr.2 8 Schwerpunkt Der Wasserschmecker Für Kenner wie Werner Koch ist Wasser weit mehr als ein Durstlöscher. Der 57-jährige Gerontologe ist einer der ersten «Wasser-Sommeliers» der Schweiz. Schmeckt stilles Wasser besser als sprudelndes? Die Kohlensäure ist eher für die sen- sorische Wahrnehmung des Wassers von Bedeutung. Was einem mehr zu- sagt, ist Geschmackssache. Viele Men- schen bevorzugen nur leicht perlen- des Wasser. Wasser mit mehr Kohlen- säure ist – wie der Name schon sagt – säurehaltiger. Empfehlen Sie temperiertes oder eiskaltes Wasser? Auch das ist eine Frage der persönli- chen Präferenz. StillesWasser zumEs- sen darf ruhig ein paar Grad wärmer sein als Mineralwasser mit Kohlen- säure. Zur Erfrischung eignet sich kohlesäurenhaltiges Wasser, das durchaus sehr kühl sein darf. Kalt sollte auch das Trinkwasser sein, dass man sich vom Hahnen in der Küche zapft. Nur wenige mögen lauwarmes Leitungswasser. Wieviel Wasser sollte der Mensch täglich trinken? Empfohlen sind mindestens 1,5 Liter Wasser oder 30Milliliter pro Kilo Kör- pergewicht. Mit zunehmendem Alter verspürt man weniger Durst. In unse- rem Alterszentrum motivieren wir die Bewohnerinnen und Bewohner zum Trinken, indem wir Wasser mit Kräutern, Früchten oder Gemüse aro- matisieren. Experimentieren lohnt sich – zumBeispielmit der Zugabe von Stangensellerie, den man imWasser ziehen lässt. Ganz toll ist die erfri- schende Kombination von Basilikum mit Erdbeeren. Die Menschen mögen Abwechslung - und trinken dadurch mehr. INTERVIEW: THEODORA PETER Werner Koch, wie schmeckt Wasser? Leitungswasser, das wir zu Hause aus demHahnen zapfen, ist grundsätzlich geruchsneutral. Hingegen lassen sich bei Mineralwasser, das unbehandelt am Ort der Quelle in Flaschen gefüllt wird, die enthaltenen Mineralien he- rausschmecken: Natrium, Magnesium und Kalzium weisen einen Eigenge- schmack auf. Hydrogenkarbonat zum Beispiel hinterlässt sensorisch ein leicht pelziges Gefühl auf der Zunge, und es unterstützt die Verdauung. Eine Rolle für die «DNA» von Wasser spielt, durch welche Gesteinsschich- ten es geflossen war: So schmeckt kalkhaltiges Wasser aus dem Jura leicht nach Gips. Mineralwasser aus Granitvorkommen enthaltenweniger herausgelöste Mineralien und schme- cken fürmich so, als hätteman gerade einen Felsen abgeleckt. Leitungswasser ist in der Schweiz trinkbar. Weshalb also Mineralwasser kaufen? Man sollte Leitungswasser nicht gegen Mineralwasser ausspielen. Beides hat seine Berechtigung. Wir haben in der Schweiz eine enorme Wasservielfalt und dürfen stolz sein, dass wir beden- kenlos jederzeit und überall Wasser aus einem Hahnen trinken können. Das ist imVergleich zu vielen Ländern ein Privileg. Mineralwasser kann eine Abwechslung bieten zumalltäglichen Leitungswasser. So kann ein passen- des Mineralwasser etwa den Genuss eines schweren Rotweins abrunden. Hat sich Ihr Blick auf das wertvolle Gut Wasser verändert? Ich gehe bewusster damit um und lasse den Wasserhahnen nie unnötig laufen.Wir sollten alles tun, dass auch zukünftige Generationen jederzeit und überall Zugang zum Naturpro- dukt Wasser haben. Immer frisch, im- mer natürlich. DennWasser ist Leben. Werner Koch ist diplomierter Gerontologe und Leiter des Alterszentrums Stampfenbach in der Stadt Zürich. Den Lehrgang zum «Wasser-Sommelier» bei Gastrosuisse absolvierte er aus persönlichem Interesse. Nebst dem gekonnten Degustieren von Mineralwasser fasziniert ihn die Vielfalt und Herkunft von Trinkwasser.

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