Schweizer Revue 4/2022

Stock befindet sich die Küche, flankiert von einem weiteren Salon. Im vierten Stock die Bibliothek, die von den Forschenden als Arbeitsraum genutzt wird. Die Wohnung von Daniela Bissig und Erich Furrer befindet sich schliesslich im fünften Stock. Vom Doppelbett aus hat man eine wunderbare Sicht auf den Aletschgletscher, der sich hinunter ins Wallis erstreckt. Ferien im Tal Daniela Bissig und Erich Furrer arbeiten in der Höhe und ruhen sich im Tal aus, das heisst in Erstfeld, dem Urner Dorf amNordende des Gotthard-Eisenbahntunnels. Alle zwei Wochen ist Schichtwechsel. Wenn die beiden absteigen, steigt ein anderes Paar auf. Während unseres Besuchs bereiten Daniela Bissig und Erich Furrer den Empfang eines neuen Hausmeisterpaars vor. Ihre Vorgänger hielten viereinhalb Jahre durch. «Die Arbeit erfordert einen Sinn für Gastfreundschaft und Service», sagt Daniela Bissig, die ihren Job gerne bis zur Pensionierung behalten würde. Dem ersten Die Daten werden in die Wettermodelle von Meteo Schweiz eingespeist. Welche Qualität hat der Schnee? Regnet es – was seit 20 Jahren nicht mehr vorgekommen ist – oder hagelt es? Die beiden beschreiben ausserdem die Sichtverhältnisse und die Bewölkung. Auf dem Jungfraujoch ist es ungefähr 40 Prozent der Zeit neblig. Für den Wolkenbericht wird der Horizont in acht Abschnitte unterteilt. Zehn verschiedene Wolkentypen werden registriert. Einfach ist dies bei den Cirren, die sich in 9000 Metern Höhe bilden. Für die Bestimmung der Höhe der anderen Typen dienen die Berggipfel der Umgebung als Referenz: die Jungfrau, die Kleine Scheidegg, das Schilthorn. Wenn der Himmel klar ist, reicht die Sicht bis zum Feldberg (Deutschland) oder zu La Dôle, die 150 Kilometer Luftlinie entfernt liegt. «Dies ist eine zentrale Aufgabe. Es gibt keine Ausrede, sie nicht zu erledigen», sagt Erich. Zu den Aufgaben der beiden gehört der Unterhalt der Räume und gewisser Maschinen, aber auch der Empfang von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die hier ihre Experimente durchführen. Im Labyrinth aus Korridoren und Stockwerken der Forschungsstation treffen wir auf einen Zürcher Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt. Auf der Sphinx dann auf einen belgischen Forscher. Er wirkt an einem Experiment zu atmosphärischen Gasen mit, das vor 50 Jahren gestartet worden ist. Der bewohnte Teil der Station wurde in die Bergflanke gebaut. Die Stockwerke sind durch einen kleinen Lift miteinander verbunden, dessen Schacht in den Fels gehauen wurde. Im Erdgeschoss befinden sich die Werkstatt des Hauswartspaares, drei Laboratorien und eine Waschküche. Im ersten Stock sind die Forschenden in zehn kleinen Zimmern im ChaletStil untergebracht. Ihnen steht ein schöner, getäferter Salon zur Verfügung, an dessen Wänden die Fotos zweier ausländischer Forscher zu sehen sind, die 1955 in einer Gletscherspalte den Tod fanden. Und das Foto eines Hausmeisters, der 1964 einem Steinschlag zum Opfer fiel. Im dritten Linke Seite: Zu den täglichen Hauswartsaufgaben in der Höhe zählt keineswegs nur das Schneeschaufeln. Es gilt auch, das Wetter zu beobachten und meteorologische Daten zu erfassen. Schweizer Revue / August 2022 / Nr.4 Oben: Erich Furrer und Daniela Bissig auf dem Jungfraujoch. Eines müssen die beiden sein: wetterfest. Ihr Arbeitsort ist Schneetreiben, Frost und Sturm ausgesetzt. Fotos Franziska Frutiger, www.franziskafrutiger.com 11

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