Schweizer Revue 6/2022

Herkunftsregion vermerkt werden – beispielsweise Allgäuer Emmentaler. Bloss ein Käse mit Löchern? Dumm nur: Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum hat diese Forderung abgelehnt. Der Begriff Emmentaler sei nicht eine Herkunftsbezeichnung, sondern bloss der inzwischen allgemein gebräuchliche Name für einen Hartkäse mit Löchern. Der Sortenorganisation leuchtet das nicht ein; darum hat sie das Europäische Gericht angerufen. Die mündlichen Verhandlungen haben kürzlich stattgefunden. Das Urteil sei in frühestens drei bis vier Monaten zu erwarten, sagt Rufer. «Wir glauben an unsere Chance.» Bei einem günstigen Verdikt, so die Hoffnung, könnte in wichtigen Ländern wie Deutschland und Frankreich sowie in den Benelux-Staaten mehr Schweizer Emmentaler verkauft werden. Der Grund liegt auf der Hand: Für qualitätsbewusste Kundinnen und Kunden wäre es einfacher, nach dem Original zu greifen. Grösster Abnehmer ist … Italien Schon heute geht es um beträchtliche Exporte: Allein nach Deutschland sind 2021 etwas über 2200 Tonnen Emmentaler geliefert worden, nach Frankreich knapp 770 Tonnen. Grösster Abnehmer war Italien mit 5500 kennen, würde allmählich aussterben», sagt ihr Mann. Tatsächlich gibt es ein Problem. Zahlreiche Nachahmer bedrängen den originalen Schweizer Emmentaler, der seit 2006 die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP trägt. In letzter Zeit ist aber in Sachen Markenschutz einiges ins Rollen gekommen. Hilfe von «fremden Richtern»? Was dabei die Sache so richtig würzig macht: Es ist ein Europäisches Gericht, das angerufen wurde, dem berühmten Schweizer Emmentaler einen besseren Schutz angedeihen zu lassen. Ausgerechnet «fremde Richter», vor denen in der Schweiz gerade in bäuerlichen Kreisen oft und gern gewarnt wird, sollen ein Agrarprodukt schützen, das schweizerischer nicht sein könnte. Die Hintergründe erklärt Alfred Rufer. Er ist Vizedirektor der Sortenorganisation Emmentaler Switzerland. Deren Aufgabe ist es, den Schweizer Emmentaler im freien Markt zu positionieren und vor Imitaten zu schützen. Inzwischen werde in ganz vielen Ländern ebenfalls Käse hergestellt, der den Namen Emmentaler trage, sagt er – insgesamt bedeutend mehr als in der Schweiz selbst. So sei nicht etwa die Schweiz der weltgrösste Emmentaler-Hersteller, sondern Frankreich. «Das sind Fakten, die wir akzeptieren müssen.» Dieser Kampf sei vor 200 bis 300 Jahren verloren gegangen. Damals waren Käsermeister ausgewandert und hatten allerorten angefangen, Emmentaler herzustellen. Kampf gegen Trittbrettfahrer Heute ist der Kampf ein anderer. Es sei unfair, sagt er, wenn ausländische Hersteller vom exzellenten Ruf des Schweizer Emmentalers profitierten. Und das, obschon ihre billigen Imitate mit dem Original nicht mithalten könnten – nicht bei den Anforderungen und nicht bei der Qualität. «Es geht ums Trittbrettfahren», sagt Rufer. «Niemand soll sich mit fremden Federn schmücken dürfen.» Das Ziel ist klar: Überall auf der Welt sollen Kundinnen und Kunden sofort erkennen können, ob sie einen Schweizer Emmentaler vor sich haben oder nicht. Viele Leute seien bereit, für Produkte mit Schweizer Herkunft mehr zu bezahlen, sagt Rufer. «Wenn die Herkunft aber nicht klar ersichtlich ist, profitieren andere von unseren Anstrengungen.» Die Schweizer Produzenten wissen, was Abhilfe schaffen würde: Nur ihr Käse dürfte prominent und ohne weitere Wortzusätze mit «Emmentaler» angeschrieben werden. Bei allen anderen «Emmentalern» müsste in gleicher Schriftgrösse die Die Käserei im Hüpfenboden wirkt wie ein Idyll aus der Vergangenheit – eingebettet in Wald und Wiese auf einer Emmentaler Anhöhe. Im Käsekessel mit der kupfernen Innenseite erfolgen die ersten Schritte der Emmentaler-Fertigung. Alle zwei Monate wird festgelegt, wie viele Laibe überhaupt hergestellt werden dürfen. Schweizer Revue / Dezember 2022 / Nr.6 11

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