Schweizer Revue 4/2023

0 5 1015202530354045 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 76.9% sonntag kamen deshalb Forderungen nach neuen Atomkraftwerken aufs Tapet. Auf die «klimaschonende» Energie aus der Kernspaltung dürfe man nicht leichtfertig verzichten, so der Tenor bei FDP und SVP. Nur: Der Bau neuer Kernkraftwerke ist in der Schweiz seit 2017 gesetzlich verboten. Damals hiess das Stimmvolk die Energiestrategie 2050 gut – inklusive Ausstieg aus der Atomkraft. Doch die Dringlichkeit des Klimawandels sowie die Sorgen um genügend Strom könnten für ein Umdenken sorgen – und den geplanten Atom-Ausstieg zumindest verzögern. So plädiert auch SVP-Bundesrat Rösti dafür, die bestehenden Schweizer AKWs noch möglichst lange laufen zu lassen, «solange die Sicherheit gewährleistet ist». Dazu wären aber teils kostspielige Nachrüstungen nötig. Offen ist, ob die AKW-Betreiber dieses Geld überhaupt investieren wollen. 2019 nahm der Energiekonzern BKW das Atomkraftwerk Mühleberg vom Netz, weil sich dessen Weiterbetrieb wirtschaftlich schlicht nicht mehr lohnte. Auch mit der Atomfrage dürfte sich das Stimmvolk in ein paar Jahren erneut beschäftigen. Ein bürgerliches Komitee sammelt unter dem Titel «Blackout stoppen» Unterschriften für eine Volksinitiative, die das geltende AKW-Verbot rückgängig machen will. So sollen in der Verfassung «alle klimaschonenden Arten» der Stromerzeugung als zulässig erklärt werden. Auf linker Seite hat man für die «ideologische Verklärung» der Atomkraft nur ein Kopfschütteln übrig. Wenn man die erneuerbaren Energien wie vorgesehen ausbaue, komme es auch im Winter zu keiner Stromlücke, betont Energiepolitiker und SP-Nationalrat Roger Nordmann. Bei den linksgrünen Parteien sieht man nebst Wasser- und Windkraft ein grosses, bislang ungenutztes Potenzial bei Solaranlagen auf Gebäuden. Klima-Allianz will mehr Tempo Gewinnerin des Abstimmungssonntags ist die überparteiliche Klima-Allianz. Beflügelt vom Volks-Ja erwartet sie nun von der Schweiz, «ihre Ambitionen zu erhöhen». Mehr Elan fordern die Klimaschützer insbesondere bei der anstehenden Revision des CO₂-Gesetzes. Die Vorlage, die derzeit vom Parlament beraten wird, reiche nicht aus, um die Klimaschutz-Ziele rechtzeitig zu erreichen. In der Verantwortung sieht die Klima-Allianz auch den Finanzplatz. Schweizer Banken sollen «klimazerstörerische Grosskonzerne» zum Umdenken und Handeln bringen. Ihren Forderungen Nachdruck verleihen will die Bewegung am 30. September mit einer Klimademo auf dem Bundesplatz in Bern – drei Wochen vor den eidgenössischen Wahlen. Am Urnengang vom 18. Juni – dem letzten im Wahljahr 2023 – kamen zwei weitere Vorlagen zur Abstimmung (siehe Grafik rechts). Auch dabei folgten die Stimmberechtigten der Empfehlung von Regierung und Parlament. Sie sagten sowohl Ja zur Einführung einer globalen Mindeststeuer für Grosskonzerne wie auch zu einer vorsorglichen Verlängerung des Covid-Gesetzes bis Ende 2024. Ja zum Klimaschutz-Gesetz Die Stimmberechtigten sagten zu 59,1 Prozent Ja zum Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit. Dadurch soll die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden. Ja zur globalen Mindeststeuer Mit 78,5 Prozent stellte sich eine Mehrheit hinter die Einführung einer Mindestbesteuerung für grosse international tätige Unternehmensgruppen. Mit der Reform beteiligt sich die Schweiz an einem Projekt von OECD und G20. Ja zur Verlängerung Covid-19-Gesetz 61,9 Prozent stimmten einer vorsorglichen Verlängerung des Covid-19-Gesetzes bis Ende 2024 zu. Dadurch könnten im Bedarfsfall die Covid-Zertifikate reaktiviert werden – zum Beispiel für Einreisen in andere Länder. Auslandschweizer:innen Ja-Stimmen in Prozent zum Klimaschutzgesetz 0 5 1015202530354045 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 85.9% Auslandschweizer:innen Ja-Stimmen in Prozent zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen 0 5 1015202530354045 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 68.7% Auslandschweizer:innen Ja-Stimmen in Prozent zum Covid-19-Gesetz Schweizer Revue / August 2023 / Nr.4 11

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx