Schweizer Revue 4/2022

EVELINE RUTZ Man sei auf einem guten Weg. So lässt sich zusammenfassen, was die Bundeskanzlei und die Schweizerische Post im April in Sachen E-Voting kommuniziert haben. Anlass dazu gab ein Bericht: Unabhängige Fachleute hatten das E-Voting-System der Post auf Herz und Nieren geprüft. Sie attestieren ihm «wesentliche» Fortschritte. So ist seit 2019 etwa die Dokumentation klarer, umfassender und besser strukturiert worden. Der Quellcode erhält in weiten Teilen ebenfalls ein gutes Zeugnis. Die Expertinnen und Experten benennen aber auch Schwachstellen. Mängel haben sie zum Beispiel beim kryptografischen Protokoll festgestellt. Ein solches dient dazu, die abgegebenen Stimmen zu verifizieren, ohne dass dabei das Stimmgeheimnis verletzt wird. Für die Sicherheit ist es von entscheidender Bedeutung. Die Post hat einen Teil der Befunde bereits berücksichtigt. Sie spricht davon, dass sich das Projekt nun in einer «weiteren Entwicklungsphase» befinde. Im Lauf von 2023 will sie es abgeschlossen haben. E-Voting, ein Schweizer Dauerthema Ein digitaler Wahl- und Abstimmungskanal schien in den letzten Jahren bereits ein paar Mal greifbar nahe. Auf positive Meldungen folgten jedoch Beim E-Voting ruhen alle Hoffnungen auf der Post Online abzustimmen oder zu wählen, ist in der Schweiz derzeit nicht möglich. Läuft alles nach Plan, können die Kantone 2023 wieder mit Testläufen starten. Dann soll das E-Voting-System der Post zur Verfügung stehen. Rückschläge. Es war ein stetes Auf und Ab. 2004 wurde E-Voting erstmals getestet. 2015 war es in einigen Kantonen sogar möglich, sich via Computer, Tablet oder Smartphone an den nationalen Wahlen zu beteiligen. Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer machten davon rege Gebrauch: Aus der Fünften Schweiz gingen rund ein Drittel mehr Stimmen ein als sonst. 15 Kantone führten über 300 Testläufe durch, bis der Bundesrat 2019 beschloss, die Übung abzubrechen. Finanzielle Überlegungen hatten den Kanton Genf und Sicherheitslücken die Post dazu veranlasst, ihre IT-Lösungen zurückzuziehen. Der Bund passte die Rahmenbedingungen für einen neuen Anlauf an. Er erhöhte die Anforderungen an die Sicherheit, sprach sich für eine Open-Source-Strategie aus und kündigte an, unabhängige Spezialisten für Überprüfungen hinzuzuziehen. Eine solche hat nun erstmals stattgefunden. Drei Kantone planen Versuche für 2023 Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), äussert sich vorsichtig optimistisch: «Wir haben Vertrauen in das Vorgehen und hoffen, dass die Post die geforderten Verbesserungen rasch vornehmen kann.» Die Befürworter eines elektronischen Stimmkanals seien schon ein paar Mal enttäuscht worden, sagt sie. «Wir glauben erst, dass es vorwärtsgeht, wenn es tatsächlich passiert.» Der politische Wille, E-Voting in absehbarer Zeit zu ermöglichen, dürfte dank der Corona-Krise zugenommen haben. Die Ausnahmesituation hat gezeigt, wie wertvoll digitale Dienstleistungen sein können. «eGovernment trägt dazu bei, unsere «Wir haben Vertrauen in das Vorgehen und hoffen, dass die Post die geforderten Verbesserungen rasch vornehmen kann» Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO) Schweizer Revue / August 2022 / Nr.4 16 Politik

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