Schweizer Revue 3/2023

habe der Schweizer Detailhandel mit Fleischersatzprodukten einen Umsatz von 117 Millionen Franken erwirtschaftet, gegenüber 60 Millionen im Jahr 2016. Dies entspricht bei einer jährlich durchschnittlichen Wachstumsrate von 18,4 Prozent nahezu einer Verdoppelung. Die höchsten Wachstumsraten verzeichneten gemäss der Studie sogenannte MeatAnalog-Produkte, also Produkte, die wie Fleisch aussehen und schmecken sollen. Als Grund für das veränderte Konsumverhalten wird ein Wertewandel angeführt. In der westlich industrialisierten Welt sei das reine Sättigungsbedürfnis von Hunger und Durst immer stärker dem Bedürfnis nach Gesundheit, Genuss und einer die natürlichen Ressourcen schonenden Lebensweise gewichen. «Bei vielen Menschen wächst das Bewusstsein für den Einfluss unseres Konsum- und Essverhaltens auf Umwelt, Klima und Tierwohl», hiess es bereits 2019 in einer Studie des Gottlieb-Duttweiler-Instituts zu den europäischen «Food Trends», für die 39 Expertinnen und Experten aus Europa, Nordamerika und Asien befragt worden waren. In der Schweiz ist Umweltschutz gemäss der Coop-Studie heute das Hauptargument für Fleischverzicht, und zwar für alle Ernährungstypen, von den Gelegenheitsvegetariern (Flexitarier) bis zu den Veganern. Je jünger die Befragten, desto häufiger wird dieser Grund genannt. Ein Volk von Fleischessern Trotz beeindruckender Wachstumsraten sind Fleischersatzprodukte noch ein absoluter Nischenmarkt. Gemäss der aktuellen Statistik des Branchenverbands der Schweizer Fleischwirtschaft, Proviande, waren es 2021 maximal 3,4 Prozent. TatsächCoop bietet aktuell über 2000 vegetarische Produkte an, wovon mehr als 1800 Produkte vegan sind, wie CoopSprecher Caspar Frey sagt. Darunter sind über 100 vegane Fleisch- und Fischalternativen, mehr als 50 Milchalternativen, 40 vegane Joghurt-, 20 Butter- und rund 20 vegane Käsealternativen. Auch bei der Migros sind vegane Milchalternativen gefragt. Seit 2010 gehören Sojadrinks zum Sortiment, heute gibt es Hafer-, Reis-, Mandel-, Soja-, Quinoa-, Kichererbsen-, Kokos- und Haselnussdrinks. Das Sortiment von Kuhmilch-Alternativen sei in den letzten Jahren im zweistelligen Prozentbereich gewachsen, sagt Carmen Hefti. Über genaue Verkaufsmengen gibt die Migros keine Auskünfte. In Prozentangaben antwortet auch Coop. In den letzten vier Jahren sei der vegane Anteil der Milchprodukte kontinuierlich auf 18 Prozent gestiegen. Frey sagt: «Aktuell ist mehr als jede siebte Milch, die bei Coop in den Warenkorb kommt, eine vegane Alternative.» Für den Klimaschutz Wenden sich Schweizerinnen und Schweizer zusehends von tierischen Proteinen ab? Essen sie dafür Früchte und Gemüse und, vor allem: pflanzliches Protein? Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Ja und Nein. Laut einer von Coop in diesem Januar publizierten «Studie zum veganen Genuss in der Schweiz» verzichten 63 Prozent der Schweizer Bevölkerung heute bewusst mehrmals im Monat auf tierische Lebensmittel. Das sind über 20 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Der erste Schweizer Fleischersatz-Report des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), der die Entwicklung von 2016 bis 2020 im Schweizer Detailhandel untersucht, spricht ebenfalls von einem starken Wachstum. 2020 Zwei Volksinitiativen zur Nahrungsmittelproduktion Steuert die Schweiz auf eine Grundsatzdebatte zur Lebensmittelproduktion zu? Zwei geplante Volksinitiativen wollen das Land mit mehr schweizerischen Nahrungsmitteln versorgen, krempeln die Landwirtschaftspolitik aber ganz gegensätzlich um. Die eine verlangt, dass Schweizer Bauern auf den Ackerflächen weniger Futtermittel für Tiere, dafür mehr pflanzliche Lebensmittel für Menschen anbauen. Die andere will die Ökoflächen reduzieren, um in der Schweiz mehr intensive Nahrungs- und Futtermittelproduktion zu ermöglichen. (DLA) Ein Beispiel für einen neuen Trend, der viel Echo auslöst: pflanzliches «Poulet» aus Erbsenprotein. Foto Planted Foods Pflanzliche Alternativen zu Milch sind heute in den Regalen der Grossverteiler allgegenwärtig. Foto Keystone Hühner in einem Mastbetrieb in Gundetswil (ZH), der 18 000 Tiere hält: Poulet ist in Schweizer Küchen derzeit hoch im Trend. Foto Keystone Schweizer Revue / Mai 2023 / Nr.3 6 Schwerpunkt

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx