Schweizer Revue 3/2023

stitutionen um (siehe auch Kasten). Und auch beim Kochunterricht für die Grundschule weht ein frischer Wind; das bekannte Schulkochbuch «Tiptopf» wurde von Grund auf neu entwickelt. In der Ausgabe von März 2023 ist etwa die Hälfte der Rezepte neu, unter anderem gibt es eine Linsenbolognese und Tofugeschnetzeltes. Anita Stettler, Projektleiterin Marketing der Schulverlag plus AG: «Im Vergleich zu früheren Ausgaben gibt es mehr vegetarische und vegane Gerichte. Als rein vegetarische und vegane Ergänzung zum ‹Tiptopf› halich nimmt auch der Fleischkonsum in der Schweiz nicht ab. Gemäss den Zahlen von Proviande verharrt er seit Mitte der 1990er-Jahre bei jährlich rund 50 Kilogramm pro Person. 2020 waren es 50,91 kg, 2021 gab es 51,82 kg Fleisch pro Kopf, wobei insgesamt weniger Rind-, dafür mehr Pouletfleisch gegessen wird. Fleisch wird nachgefragt, diese Feststellung macht auch der Grossverteiler Coop. Nicht einmal im Januar, der gerne als fleischabstinenter «Veganuary» beliebt gemacht wird, ging die Nachfrage nach Fleisch zurück. Coop-Sprecher Frey sagt, dass die Fleischersatzprodukte alle ansprächen, die sich gerne vegetarisch oder vegan ernähren, sich als Flexitarier oder Substitarier bezeichnen oder sich für Food-Trends und abwechslungsreiches Essen interessieren. Ein direkter Vergleich der Sortimente lasse sich grundsätzlich nicht ziehen. ProviandeSprecherin Gioia Porlezza sagt ihrerseits, es seien vor allem Menschen, die kein Fleisch essen, die sich für diese Produkte entschieden. Zudem schlössen sich Fleischersatzprodukte und Fleisch nicht aus: «Man kann problemlos beide konsumieren und seine Proteinquellen abwechseln.» Auf jeden Fall ist das Spannungsfeld zwischen «natürlichen» Lebensmitteln und nachhaltigen Hightech-Produkten gross geworden. Experten räumen ein, dass die Lebensmittelherstellung immer stärker wissenschaftlich geprägt ist. Nachhaltig essen und kochen Nachhaltige Ernährung ist ein Anliegen, das die Schweizer Landesregierung mit Strategien und Gesetzen fördert. Immer häufiger gehen Städte und Gemeinden voran und setzen nachhaltige Verpflegungskonzepte für Schulen, Heime und öffentliche Inben wir 2019 zusammen mit dem Vegi-Restaurant Hiltl den ‹Greentopf› entwickelt, welcher sich ausschliesslich auf diese Ernährungsform konzentriert». Keine Revolution, aber klare Trends Findet auf Schweizer Tellern gerade eine Revolution statt? Andrew Gordon erkennt zumindest einen Trend. Gordon ist Generaldirektor der Eldora AG, die Restaurants in privaten Unternehmen wie auch in Schulen, Krippen, Spitälern und Altersheimen betreibt beziehungsweise beliefert. Eldora biete heute täglich ein VegiMenü an, sagt Gordon. Die Nachfrage mache in der Westschweiz, wo die Eldora ihren Ursprung hat, rund zehn Prozent aus, in der Deutschschweiz seien es etwas mehr. Fleischlose Menüs würden vor allem von der öffentlichen Hand verlangt. In Schulen und Krippen müsse mindestens einmal pro Woche ein Vegi-Menü serviert werden. Zudem würden immer häufiger regionale Produkte gefordert. Leider seien die Gäste aber nicht gerne bereit, dafür mehr zu bezahlen: «Das drückt bei Eldora auf die Marge.» Menschen seien eben widersprüchliche Wesen, heisst es dazu passend in der Studie des Gottlieb-Duttweiler-­ Instituts: «Am liebsten wollen wir beides haben – den Fünfer und das Weggli, wie die Schweizer sagen. Global und lokal.» Plantbased-Report von Coop (nur in Deutsch): revue.link/plantbased Fleischersatz-Report des Bundes (BLW): revue.link/fleischersatz Foodtrend-Analyse des Gottlieb-Duttweiler-­ Instituts: revue.link/trends «Gerettete» Lebensmittel aus einer Foodsharing-Aktion: Das Engagement gegen Foodwaste gewinnt in der Schweiz an Bedeutung. Foto Keystone Kantinen haben grossen Einfluss aufs Essverhalten, denn sie können neue Ernährungstrends verstärken – oder bremsen. Foto Shutterstock In der Grossmetzgerei Angst in Zürich wird ein Kalb zerteilt. Trotz neuer Ersatzprodukte bleibt der Fleischkonsum in der Schweiz hoch. Foto Keystone Schweizer Revue / Mai 2023 / Nr.3 7

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