Schweizer Revue 1/2024

die linke Partei war am 13. Dezember auf Stimmen aus dem rechten Lager angewiesen, um den Sitz des zurücktretenden SP-Magistraten Alain Berset in den eigenen Reihen zu halten. Dies trug ihr seitens der Grünen den Vorwurf ein, ihre Seele dem «Machtkartell» verkauft zu haben. Im Dilemma steckten die Sozialdemokraten nicht zuletzt wegen des Wahlprozederes. Der vakante SP-Sitz stand an letzter Stelle auf der Traktandenliste – also nach den Bestätigungswahlen der bisherigen sechs Regierungsmitglieder. Die Partei musste deshalb befürchten, von SVP und FDP abgestraft zu werden, wenn sie zuvor die Kampfkandidatur der Grünen allzu offensiv unterstützt hätte. Dieses Stillhalte-Kalkül ging auf: Das Parlament wählte schliesslich einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten zum Nachfolger von Alain Berset. Neues Gesicht im Bundesrat Das Rennen machte der bald 60-jährige Basler Regierungspräsident und frühere Nationalrat Beat Jans. Der SPMann präsentierte sich als Brückenbauer und versprach eine Amtsführung der «offenen Türen». Mit Jans stellt der Stadtkanton erstmals seit über 50 Jahren wieder einen Bundesrat. Überhaupt sind mit ihm die urbanen Zentren wieder besser in der Landesregierung vertreten. Auch endet mit dem Abgang des Freiburgers Alain Berset die vorübergehende Mehrheit von Romands und Tessinern im Bundesrat: Fortan stammen vier der sieben Regierungsmitglieder wieder aus deutschsprachigen Regionen. Dazu gehört auch die Walliserin Viola Amnen Weg fortsetzen zu wollen. Es sei offensichtlich, dass «die elektronische Stimmabgabe für viele Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ein wichtiges Instrument für die politische Mitbestimmung darstellt». Richtig sei daher, dass die im Ausland wohnhaften Stimmberechtigten zur priorisierten Zielgruppe gehörten. SP Elisabeth Baume-Schneider Departement des Innern (EDI) SP Beat Jans Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Die Mitte Viola Amherd Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) FDP Karin Keller-Sutter Finanzdepartement (EFD) FDP Ignazio Cassis Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) SVP Albert Rösti Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) SVP Guy Parmelin Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) herd (Mitte), die 2024 die Regierung präsidiert. Das Parlament wählte zudem einen neuen Bundeskanzler, der als Stabschef die Regierungsgeschäfte koordiniert. Auf den abtretenden Walter Thurnherr, welcher der Mitte-Partei angehörte (Porträt siehe «Revue» 6/2023), folgt sein Stellvertreter Viktor Rossi von den Grünliberalen. Damit eroberte erstmals ein Mitglied einer Nichtregierungspartei den Posten im Zentrum der Macht. Als Chef der Bundeskanzlei ist Rossi künftig auch für das Vorantreiben des elektronischen Abstimmens (E-Voting) verantwortlich. In einer Vorwahl-Umfrage der Auslandschweizer-Organisation versicherte Rossi, den eingeschlageRelativierter Rechtsrutsch Bei den eidgenössischen Wahlen vom Herbst 2023 ging die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) im Nationalrat als klare Siegerin hervor (siehe «Schweizer Revue» 6/2023). Im Ständerat, der zweiten Parlamentskammer, wurde der Siegeszug der grössten Rechtspartei aber gebremst. In mehreren Kantonen scheiterten SVP-Kandidaten trotz aussichtsreicher Position jeweils im zweiten Wahlgang, so insbesondere im Kanton Zürich. Auch die FDP blieb weit hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Im Gegenzug baute die Mitte ihre führende Rolle im Ständerat aus. Im linken Lager festigte die SP ihre Position, während die Grünen weiter verloren. Zurück im Ständerat sind die Grünliberalen (GLP). Die Verteilung der 46 Ständeratssitze im Detail – im Vergleich zu den Wahlen 2019: Mitte 15 Sitze (+2 Sitze), FDP 11 (–1), SP 9 (–), SVP 6 (–), Grüne 3 (–2), GLP 1 (+1), MCR 1 (+1). Im Gesamtbild zeigt sich, dass der Ständerat auch künftig von konservativen Kräften dominiert wird. Doch wird die Mitte noch stärker als bisher das Zünglein an der Waage spielen. (TP) Alle Wahlresultate von Nationalrat und Ständerat im Überblick: www.wahlen.admin.ch/de/ch/ Schweizer Revue / Januar 2024 / Nr.1 13

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